Deutsche und Polen gemeinsam in Europa

, von  Niklas Kramer

Deutsche und Polen gemeinsam in Europa
Ein Plakat in Berlin zum 20jährigen Bestehen des Nachbarschaftsvertrags Von Gregor Helms, bestimmte Rechte vorbehalten.

Gestern vor 20 Jahren unterzeichneten Helmut Kohl und Jan Krzysztof Bielecki den deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag. Dies war ein Abschied von einer demütigenden Teilung des Kontinents in ein Europa der Besseren und der Schlechteren. Grund genug zu feiern und ein neues Kapitel in den Beziehungen der beiden Länder aufzuschlagen. Dabei sollen die Deutschen nach Ansicht der Politiker mehr Polnisch lernen, denn gemeinsam könnte man viel erreichen.

Angesichts des Jahrestages hat der Bundestag bereits eine breit getragene interfraktionelle Erklärung abgegeben. Die Parlamentarier ziehen eine positive Zwischenbilanz der beidseitigen Beziehungen, wobei insbesondere die zivilgesellschaftlichen Initiativen hervorgehoben werden. Auch der polnische Botschafter in Deutschland, Marek Prawda, sieht die vergangenen Jahre in einem gutem Licht [1].

Am wichtigsten sei, dass man vor einigen Jahren in eine Phase einer „reiferen Partnerschaft“ eingetreten sei. Nachdem mit dem Irakkrieg (Polen hat im Gegensatz zu Deutschland an dem Einsatz teilgenommen) und der Ostseepipeline (Polen wurde an dem deutsch-russischen Projekt übergangen) alte Wunden zwischenzeitlich wieder aufgebrochen waren, bestehe nun die Chance, dass man endlich die „historischen Prothesen“ ablegen könnte. Der Botschafter betont hier einen neuen Pragmatismus, der fern von Versöhnungskitsch auch Differenzen verträgt. „Wenn wir uns streiten, dann ist das kein Überlebenskampf bei dem der Sieg eines Volkes zwangsläufig den Niedergang des Nachbars bedeutet, sondern ein Familienstreit.“

Deutsche sollen mehr Polnisch lernen

Dabei dringt Warschau vor allem auf eine stärkere Förderung der polenstämmigen Bevölkerung in Deutschland. Während die deutsche Minderheit sogar im polnischen Sejm vertreten ist und auch sonst massiv unterstützt wird, sei dies mit den Polen in Deutschland ausbaufähig. Freilich kommt der Bundestag in seiner Erklärung nicht soweit entgegen, von einer Minderheit zu sprechen, allerdings soll die Bundesregierung mehr zur Förderung und Verbreitung der polnischen Sprache tun. Zudem wird in der Erklärung erstmals auch offiziell an die Verbrechen erinnert, die vielen Polen in Nazideutschland widerfahren war.


Gemeinsame Zukunft

Dass die Zukunft der Zusammenarbeit der beiden Länder beschworen wird, liegt auch an den gemeinsamen Interessen. Auf beiden Seiten der Oder werden von Analysten neue europapolitische Überschneidungen ausgemacht, etwa in der Energie- und der Wirtschaftspolitik. Für Prawda scheinen die Länder geradezu prädestiniert zu sein, neue Teilungen auf dem Kontinent zu verhindern. Gemeinsam könne man die Perspektive aufrechterhalten, weitere Millionen Europäer an den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Standards der EU teilhaben zu lassen, so der Diplomat. Zwar ist Polen bis heute noch nicht in der Eurogruppe, allerdings hat sich die deutsche Kanzlerin gerade deswegen durchgesetzt, die neue verstärkte Zusammenarbeit offen zu gestalten und Länder wie Polen einzubinden . Dabei hat das Land, indem die konservativliberale PO unter Donald Tusk gute Chancen hat, im Oktober wiedergewählt zu werden, ähnliche Rezepte um die Finanzkrise zu überstehen (Polen hat bereits sehr früh eine Schuldenbremse eingeführt). Auch machte das Land gute Erfahrungen, wenn es darum ging, Transformationsphasen durchzuhalten und das zivilgesellschaftliche Engagement zu stärken, welches im Süden Europas wohl wieder nötig sein wird. In diesem Sinne soll am 21. Juni in Warschau eine gemeinsame Sitzung der beiden Regierungen stattfinden. Zudem will man vermehrt gemeinsame Parlamentstreffen abhalten, sowie mit Frankreich zusammen das trilaterale Projekt des Weimarer Dreiecks ausbauen.

Ihr Kommentar
  • Am 14. Dezember 2011 um 02:54, von  cydzik Als Antwort Deutsche und Polen gemeinsam in Europa

    deutsche Mutter, polnischer Vater, geborener belgier, weiss ich selbst woher ich abkomme; fühle ich mich ganz gern in den drei Laendern, besonders gut in Deutschland, weiss nicht warum...

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