Auch Portugal ist, wie zuvor Island, Griechenland und Irland, in die „Falle“ der Wirtschaftskrise gegangen. Das Land, dessen Kreditwürdigkeit von den wichtigsten Ratingagenturen schon Mitte März um zwei Klassen nach unten korrigiert worden war, riskiert noch eine weitere Rückstufung und verfügt nicht über die notwendigen Ressourcen, um seine Schulden zu bezahlen.
Dieser Abstieg ist teilweise auf geographische Gründe zurückzuführen – Portugals Position muss im Vergleich zum Zentrum der europäischen Wirtschaftsströme als marginal bezeichnet werden. Diese Randlage wurde zudem nicht durch ausreichende Reformen wettgemacht. Teilweise ist der Niedergang Portugals aber auch strukturellen Schwächen der europäischen Währungsunion zuzuschreiben, die es, ohne einheitliche Wirtschaftspolitik, nicht schafft, Wachstum zu generieren. Dies lässt die Ungleichgewichte zwischen starken und schwachen Ländern deutlich hervortreten und benachteiligt die schwächeren Länder zusätzlich. So auch Portugal: die Wirtschaft ist nicht gewachsen, die Steuereinnahmen sanken und die öffentlichen Haushalte gerieten außer Kontrolle, bis schließlich die Schuldenkrise eintrat.
Die wirtschaftlichen Aussichten Portugals sind düster
Nach dem Rücktritt von Ministerpräsident Socrates, der es nicht vermochte, im Parlament eine Mehrheit für einen neuen Plan zur Sanierung der Staatsfinanzen herzustellen, ist die Theorie eines riesigen Rettungsplans von EU und Internationalen Währungsfonds (IWF) Realität geworden. Doch selbst wenn die Hilfen der europäischen und internationalen Partner die Notlage im Moment auffangen können, ist nicht auszuschließen, dass die Situation dramatisch bleibt. Die Schuldenlast wird auch weiterhin als untragbar eingeschätzt - die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen haben den Wert von 7,9 Prozent erreicht, ein Rekord seit der Einführung des Euro. Die Wahrscheinlichkeit, dass wieder akzeptable Werte erreicht werden, liegt bei annähernd null, da auf den Märkten keinerlei Käufer für die Anleihen mehr auftreten, abgesehen von der Europäischen Zentralbank.
Es bleibt darüber hinaus die Unsicherheit welches die Maßnahmen sein werden, die Portugal im Austausch für die Hilfen vorschlagen wird. Nach ersten Einschätzungen werden sie neue strukturelle Wirtschaftsreformen enthalten. Der Inhalt des Übereinkommens könnte die Vorschläge der inzwischen abgewählten Regierung Socrates zur Haushaltssanierung nachzeichnen, so dass das Defizit von 7 Prozent 2010 auf 4,6 Prozent 2011, 3 Prozent 2012 und schließlich 2 Prozent 2013 sinkt; voraussichtlich wird sich aber der Maßnahmen-Mix ändern.
Die Gefahr des Domino-Effekts
In der Zwischenzeit bleibt die Euro-Zone im Alarmzustand, um einen möglichen „Domino-Effekt“, besonders in Bezug auf das nahe Spanien zu vermeiden, dessen Banken etwa ein Drittel der portugiesischen Staatsschuld halten. Und die europäischen Regierungen versuchen unter großen Schwierigkeiten und Unsicherheiten, ein Maßnahmen- und Regelungspaket auf den Weg zu bringen, das langfristig nicht nur Angriffe der Märkte verhindern, sondern auch die Stabilität des Euro sichern und den gefürchteten Ansteckungseffekt in der ganzen Eurozone verhindern soll. Dazu sollen vor allem die von ihrem Schuldenstand belasteten Staaten gezwungen werden, einen neuen „Pakt für Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit“ zu respektieren. Zumindest in Bezug auf die bisher bekannt gewordenen Entscheidungen beschränken sich die nationalen Regierungen jedoch erneut darauf, die Symptome der Krise zu bekämpfen, nicht aber ihre Ursachen. Die ökonomischen Ressourcen und vor allem die notwendigen politischen Kompetenzen sind die Kernprobleme eines europäischen Plans für Wirtschaftswachstum; doch diese sind mittlerweile aus der Debatte verschwunden.
Die Finanzmärkte interessieren sich in jedem Fall nicht für zukünftige Regeln, die die Koordinierung der internen Politik der Eurozone betreffen, sondern betonen die Notwendigkeit, die Modalitäten zu kennen, mit denen versucht wird, der aktuellen Schuldenkrise entgegenzutreten. Die Schwäche des europäischen Finanzsystems ist in der Tat in hohem Maße der für Währungszonen typischen Verwobenheit geschuldet, die impliziert, dass eine Schwäche an irgendeinem Punkt der Zone auf das gesamte System übergreift.
Ohne eine politische Union geht es nicht!
Das große Problem der Eurozone ist offensichtlich: Sie hat kein gemeinsames Organ, dass fähig ist, die benötigten Mittel, die für das System insgesamt notwendig sind, zu sichern. Die Ressourcen bleiben auf nationalem Level zerstückelt und die Regierungen nutzen sie für ihre eigenen Interessen; in einer Währungszone aber wird ein solches Verhalten unhaltbar, da die Interessen tatsächlich bereits gemeinschaftlich sind und daher die Notwendigkeit automatischer Formen von Solidarität erfordern (wie die Folgen des Bankrotts eines Staates auf alle anderen zeigen). Im Gegensatz zu dem, was die Europäische Union glaubt, gilt: Gemeinsame Währung, gemeinsame Interessen. Aus diesem Grund kann der Euro nur überleben, wenn die Europäer verstehen, dass sie eine Schicksalsgemeinschaft bilden, die nur funktionieren kann, wenn sie sich auch in eine politische Union wandelt, und wenn die Europäer verstehen, dass sie eine wahre europäische Föderation gründen müssen.
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