Alle gegen einen: In Ungarn entsteht ein neues Bündnis gegen die Fidesz

, von  Alexis Vannier, übersetzt von Leonie Charlotte Wagner

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Alle gegen einen: In Ungarn entsteht ein neues Bündnis gegen die Fidesz
Gergely Karácsony, neuer Bürgermeisters in Budapest. Flickr | Budapest Kertváros LMP | CC BY-SA 2.0

In den Kommunalwahlen vom 13. Oktober konnte die ungarische Opposition Erfolge feiern und unter anderem die Hauptstadt Budapest von der Regierungspartei Orbans zurückgewinnen. Die Wahlen zeugen von einem Trend, den der Autor bereits seit letztem Jahr zu erkennen glaubt.

Kommunalwahlen sind ein Mittel für die Wähler*innen, um die derzeitige Regierung zu sanktionieren, oder umgekehrt die herrschende Partei zu unterstützen. In Europa haben sie den Aufstieg rechtsextremer Parteien gefördert. So beispielsweise in Deutschland: Bei den letzten Regionalwahlen in Sachsen und Brandenburg verloren die Regierungsparteien SPD und die konservative CDU 33 Sitze an die Anti-Einwanderungspartei AfD. In Italien ermöglichten die verschiedenen Regionalwahlen den deutlichen Sieg der rechtsextremen Lega. Bei den Kommunalwahlen in Ungarn am 13. Oktober sollte sich der Sieg von Fidesz unter Premierminister Orbán abzeichnen.

Letzte Wahlen stärkten Macht

In Ungarn erzielte die regierende national-konservative Fidesz-Partei bei den Europawahlen am 26. Mai einen überwältigenden Sieg. Zusammen mit ihrem traditionellen Partner, der christlich-konservativen KDNP erreichte sie mehr als 52% der Stimmen, während die Opposition um die restlichen Prozente kämpfen musste. Gleichzeitig stieg die Wahlbeteiligung um fast 15%.

Die Parlamentswahlen von 2018 zeigten erneut die Vormachtstellung der Fidesz. Mit knapp der Hälfte der Stimmen belegte die Partei in 92 der 106 Wahlkreise den ersten Platz und behielt eine Zweidrittelmehrheit im Parlament.

Die Unterstützung der Ungarn für ihren Premierminister ist also sehr stark. Seine Popularität ist zum Teil auf die gute Verfassung der magyarischen Wirtschaft zurückzuführen, aber auch auf den Charakter von Viktor Orbán. Er versteht es, sich als starken Mann im Zentrum Europas zu inszenieren, sodass er von vielen rechtsradikalen Politikern im Ausland als Beispiel angeführt wird.

Alle gegen die Fidesz!

Seit 2010 an der Macht, scheint der Premierminister unbezwingbar. Während sich viele Medien finanziell und medial für Orbán einsetzen, kämpft die Opposition darum, ihrer Stimme Gehör zu verschaffen.

Die europäische Presse setzt einige Hoffnung auf die europäische und liberale Momentum-Partei, die 2017 nach dem Vorbild von LREM (La République en marche!) gegründet wurde. Als sie 2018 keinen Zugang zum nationalen Parlament erhielt, erzielte sie jedoch fast 10% der Stimmen der Europäer*innen und zwei Sitze in Straßburg und Brüssel.

Bei einer lokalen Nachwahl geschah ein Wunder: Im Jahr 2018 gelang es einem unabhängigen Kandidaten, der von fünf Parteien von links und rechts unterstützt wurde, den Fideszkandidaten des Städtchens Hódmezővásárhely - einer als uneinnehmbar geltende Bastion der Fidesz - zu stürzen. Die Opposition hoffte dieses Ereignis bei den Kommunalwahlen am 13. Oktober 2019 wiederholen zu können.

Die Wähler müssen die 419 lokal gewählten Vertreter*innen in den ungarischen Landkreisen und Räten, sowie den Bürgermeister von Budapest wählen. Fidesz stellt derzeit 58% der gewählten Vertreter*innen. In der Hauptstadt setzt die Opposition dabei alles auf eine Karte. Exklusiv in Budapest wurde eine Koalition aus sechs Parteien gebildet, darunter die Sozialdemokratische Partei (MSZP), die Sozialliberale Partei (DK), zwei Grüne Parteien (PM und LMP), das Liberale Momentum (MM) und ganz rechts Jobbik. Die Präsenz dieser rechtsextremen Partei ist besorgniserregend, da Jobbik eine überraschende und radikale Transformation eingeleitet hat, um sich der linken Mitte zu nähern.

Der unabhängige Kandidat, Gergely Karácsony, stand daher vor der schwierigen Aufgabe, den scheidenden Bürgermeister der Fidesz, der seit 2010 an der Macht ist, zu Fall zu bringen. Eine Herkulesaufgabe, zumal sich der scheidende Bürgermeister weigerte, mit seinem Hauptherausforderer zu diskutieren.

Einst zögerte Franz I. nicht, sich mit dem muslimischen Süleyman dem Prächtigen zusammenzuschließen, um seine Macht gegen die Habsburger zu stärken. Am 21. April 2002 schloss sich fast die gesamte französische politische Klasse Jacques Chirac an, um Jean-Marie Le Pen zu besiegen. Im Jahr 2019 scheint ein solches, widernatürliches Bündnis gegen den Allmächtigen Orbán in Ungarn die letzte Möglichkeit der Opposition zu sein, eine Opposition, die seit fast zehn Jahren in der illiberalen Festung in Mitteleuropa keinen Erfolg mehr erzielen konnte.

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