Seit einer Woche waren im südlichen schweizerischen Kanton Tessin Plakate aufgetaucht, die drei fette Ratten zeigen, wie sie genüsslich Schweizer Käse fressen. Ein Schriftzug daneben weißt auf die Internetseite balairatt.ch hin und ein variierende Slogan macht klar, dass beispielsweise für 60 Prozent der Verbrechen Ausländer verantwortlich seien.
Eine Woche lang war nicht klar, wer dafür verantwortlich ist. Wie 20min.ch berichtet, habe der Tessiner SVP Parteipräsident Pierre Rusconi anfangs noch geleugnet, etwas mit der Kampagne etwas zu tun zu haben. Vergangenen Freitag habe er dann aber in einer Pressekonferenz mitgeteilt, dass seine Partei für die Plakate verantwortlich sei.
Das umstrittene Anti-Minarett Plakat von 2009.
Die drei Ratten
Auf der Internetseite zur Kampagne werden die Ratten vorgestellt. Sie heißen Fabrizio, Italiener und Plattenleger, Bogdan, Romäne und Krimineller und Giulio, offenbar eine Anspielung auf den italienischen Finanzminister Giulio Tremonti.
Damit weißt die SVP auf die ihrer Meinung nach drei großen Probleme hin, die der Kanton hat. Erstens auf die sogenannten Grenzgänger, das sind italienische Arbeiter, die sich ihr Geld in der Schweiz verdienen und am Abend zurück nach Italien fahren. Laut 20min.ch sei sich Rusconi zwar im Klaren, dass Tessin die Italiener als Arbeitskräfte brauche, „doch es dürfe nicht sein, dass zunehmend einheimische Arbeitskräfte durch Italiener ersetzt würden“.
Die zweite Ratte spielt auf die angebliche hohe Kriminalität von Ausländern an. Insbesondere Rumänen sollen für eine Reihe von Einbrüchen verantwortlich sein.
Der letzte Nager soll wohl den italienischen Finanzminister Giulio Tremonti darstellen, der sich gegen die Tessiner Bankenpraxis ausgesprochen hat, um dem italienischen Fiskus Steuereinnahmen zu retten. Außerdem, so Rusconi, erschwere Italien den schweizerischen Firmen den Marktzugang und verstoße damit gegen bilaterale Verträge.
Reaktionen
Die Tessiner Regierung und die Schweizer Botschaft in Rom haben sich von der Kampagne distanziert und, laut 20min.ch, nannte die Tessiner Deputation in Bern die Aktion eine „Dummheit“.
Der Italienische Abgeordnete Franco Narducci kündigte unterdessen an die Behörden um eine Sperrung der Internetseite, sowie der facebook-Seite zu bitten, so Euronews. Letzteres könnte bereits durchgeführt worden sein, denn klickt man auf die individuellen facebook-Profile der Ratten, erscheint eine Fehlermeldung.
Ein unbekannter Italiener hatte sich so sehr über die Kampagne aufgeregt, dass er eine eigene Internetseite aufsetzte. Wie NZZonline berichtet, schuf der Unbekannte die Seite balaivacc.it (die Kühe tanzen) und sprach sich dort für Respekt und Toleranz aus. Die Internetseite ist mittlerweile nicht mehr aufrufbar.
Die SVP selber zeigte sich hoch erfreut über die Aufmerksamkeit, die ihre Kampagne erzeugt habe. Für eine Medienecho solchen Ausmaßes hätte man normalerweise zwei Millionen Franken bezahlen müssen. Die Reaktionen hält Präsident Rusconi für überzogen. Man habe schließlich nur das zur Sprache gebracht, was die Menschen auch wirklich beschäftige.
Hintergrund
Die Schweizerische Volkspartei ist mit knapp 30 Prozent die stärkste Fraktion im Nationalrat, obwohl sie am rechten Rand einzuordnen ist. Im Tessiner Landesparlament ist die SVP nicht vertreten.
Ein weiteres klar ausländerfeindliches Plakat der SVP.
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