Costa Rica vor den Wahlen – Wahlkampf in Zeiten von Donald Trump

Europa nur als Ananasabsatzmarkt

, von  Theresa Bachmann

Costa Rica vor den Wahlen – Wahlkampf in Zeiten von Donald Trump
Juan Diego Castro – aktuell Favorit auf die Nachfolge von Costa Ricas Präsident Luis Guillermo Solís – während des Wahlkampfs. Foto: © Luis Madrigal Mena / Wikimedia / Creative Commons 4.0-Lizenz

Wenn am 4. Februar die Wahlberechtigten in Costa Rica dazu aufgerufen sind, ihr neues Staatsoberhaupt zu wählen, ist vieles anders als sonst. Gerne als das Vorzeigeland des krisengeschüttelten Zentralamerikas hervorgehoben, zeigt sich derzeit, dass die Wahl Donald Trumps, der weltweit aufflammende Populismus und das Erstarken nationalistischer Bewegungen auch in dem kleinen Karibikstaat deutliche Spuren hinterlassen haben.

Costa Rica – eine positive Ausnahmeerscheinung

Hierzulande wird das Bild von der gesamten zentralamerikanischen Region oftmals wenig differenziert und von Problemen wie Armut, Drogenhandel und Gewalt bestimmt. Costa Rica mit seinen rund fünf Millionen Einwohnern widerspricht diesem Eindruck in vielerlei Hinsicht und sorgt regelmäßig für positive Schlagzeilen: Seit der Abschaffung des Militärs 1949 wurden die dadurch frei gewordenen Mittel verstärkt in Polizei und Bildung investiert. Dies begünstigte nicht nur ein stabiles und nachhaltiges Wirtschaftswachstum und steigenden Wohlstand, sondern trägt auch dazu bei, dass sich die Gewaltraten in Costa Rica im Gegensatz zu seinen Nachbarstaaten auf konstant niedrigem Niveau bewegen. International macht sich das Land vielmehr einen Namen als Ziel für umweltschonenden Ökotourismus und zieht immer mehr Touristen aus aller Welt an.

Der Kampf um die Nachfolge von Noch-Präsident Solís – Alternativen zwischen Altbekanntem und Fundamentalopposition

Seit dem Zweiten Weltkrieg konnte nicht nur die Wirtschaft auf Wachstumskurs gebracht werden. Auch die Demokratie etablierte sich, sodass Costa Rica aktuell als einer der wenigen lateinamerikanischen Staaten mit einer konsolidierten – keiner defekten – Demokratie gilt. In den Wahlen am 4. Februar geht es darum, den Nachfolger des aktuellen Präsidenten Luis Guillermo Solís zu bestimmen. Laut Verfassung darf dieser nicht für eine weitere Legislaturperiode kandidieren. 2014 mit einem Rekordvorsprung ins Amt gewählt, verloren Solís und seine junge Partido Acción Ciudadana (Partei staatsbürgerliches Handeln) aufgrund mehrerer Skandale jedoch kontinuierlich an Zustimmung. Umfragen zufolge werden Carlos Alvarado Quesada, ehemaliger Arbeitsminister und Kandidat der Regierungspartei, dementsprechend keine Chancen auf den Einzug in den Präsidentenpalast in San José eingeräumt.

Tatsächlich sagen Meinungsforschungsinstitute einen Zweikampf voraus: Auf der einen Seite Antonio Álvarez Desanti von der traditionellen Partido Liberación Nacional (Partei nationaler Befreiung) des Ex-Präsidenten und Friedensnobelpreisträgers Óscar Arias Sánchez. Aufgrund dessen ungebrochen hoher Popularität, sorgte die Wahlunterstützung Arias‘ für Desanti dafür, dass dieser als großer Favorit in den Wahlkampf startete. Letzte Erhebungen deuten derzeit dennoch auf einen leichten Vorsprung des rechtspopulistischen Kandidaten des Partido Integración Nacional (Partei nationaler Integration) des als Donald Trump Costa Ricas kritisierten Anwalts Juan Diego Castro hin. Da rund die Hälfte der Wähler noch keine endgültige Entscheidung getroffen hat, ist eine Stichwahl wahrscheinlich.

Während Desanti als Kandidat des politischen Establishments gilt, kritisiert Castro eben jenes System, einschließlich der Medien. Berichte in der heimischen Presse, sein Name stehe mit den Panama-Papers in Verbindung, verstärkten Vorwürfe, die Berichterstattung sei parteiisch und basiere auf Fake News. Parallelen zu US-Präsident Trump weist nicht zuletzt die Behauptung auf, die oberste Wahlbehörde Costa Ricas „sieht nicht, hört nicht noch spricht sie und erlaubt Wahlbetrug“ („no ve, ni oye, no habla y permite el fraude electoral). Ebenso wirft er seinen politischen Gegnern die illegale Finanzierung ihrer Wahlkampagnen durch die honduranische Unternehmerfamilie Rosenthal vor. Angesichts fehlender konkreter Beweise positionierten sich alle weiteren Parteien ablehnend gegenüber den Äußerungen Castros: „Ich finde, es beeinflusst das Image unseres Landes und versucht, einen Vorgang zu besudeln, der transparent ist“, so beispielsweise der Präsidentschaftskandidat des Movimiento Libertario (Befreiungsbewegung) Otto Guevara. Analysten sehen in solchen Aussagen eine Wahlkampfstrategie, die eng an Trumps Kampagne anknüpft: Ziel ist demnach nicht, mit Inhalten zu punkten, sondern mit der Kritik am gesamten politischen System und seinen Vertretern die unteren, sozial abgehängten Schichten für sich zu mobilisieren. Tatsächlich charakterisiert sich der Wahlkampf durch große inhaltliche Leere und wird überschattet von persönlichen Attacken der Kandidaten und ihren jeweiligen Parteien. Die bereits in den USA wirksame rechtspopulistische Vorgehensweise trägt offenbar auch in Costa Rica Früchte.

Und Europa – lediglich Exportmarkt für Ananas und Co.?

Innerhalb der Europäischen Union sorgen die anstehenden Wahlen in Costa Rica lediglich für eine Randnotiz. Oftmals wird das kleine Land nur mit den Ananas assoziiert, die es tonnenweise nach Europa verschifft. Auch aus der Perspektive Costa Ricas heraus spielt Europa nur eine untergeordnete Rolle: Die USA und in zunehmendem Maße China werden außenpolitisch eindeutig priorisiert. Dabei zeigt der Wahlkampf um die Nachfolge von Noch-Präsident Solís, dass sich die derzeitige globale Konjunktur in Costa Rica ähnlich auf den politischen Alltag auswirkt wie in Europa. Populistische Tendenzen zeigen sich dies- wie jenseits des Atlantiks. Auch gibt es ähnliche Problemlagen, beispielsweise in Bezug auf Klima- und Migrationsfragen. Grund genug, die Kooperation über symbolische Verbindungen hinaus zu vertiefen.

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