Die EU und Kampfdrohnen – ein Trilemma zwischen Nutzen, Legalität und Ethik

, von  Johannes Riedel

Die EU und Kampfdrohnen – ein Trilemma zwischen Nutzen, Legalität und Ethik
Eine Eurodrohne (offiziell “European MALE RPAS”) auf der ILA 2018 Foto: Airbus / Schwarzbild Medienproduktion, Max Thum / Lizenz

„Die Eurodrohne soll die Anforderungen der Aufklärung und Überwachung erfüllen. Zudem soll sie reaktionsschnell und hochpräzise zur Luftnahunterstützung von Bodentruppen zum Einsatz kommen“, so stellt das Bundesverteidigungsministerium die Vorteile der geplanten Eurodrohne dar. Die beteiligten Länder Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien erhoffen sich von dem multinationalen Projekt aber nicht nur einen militärischen Nutzen.

Das Vorhaben kann auch als Versuch Europas gesehen werden, sich eigene Kompetenzen und Souveränität im Bereich der unbemannten Luftfahrzeuge zu sichern. Doch das ist nicht unumstritten. Gerade Deutschland gerät durch den Militärstützpunkt in Rammstein, über den unter Anderem Luftangriffe der US-Armee im „Krieg gegen den Terror“ geflogen werden, immer wieder ins Visier von Völker -und Menschenrechtler*innen. Aber sind Drohnen oder vielmehr Drohnenkriege per se völkerrechtswidrig oder ethisch als mangelhaft zu bewerten? Gibt es nicht doch militärische Vorteile für die „neuen“ Kriege im 21. Jahrhundert? Und wie kann die EU bei diesen ganzen Fragen so handeln, dass sie ihre Grundwerte wahrt?

Kein Schwarz-Weiß Szenario

Zunächst ist es durchaus wichtig zu verstehen, dass Drohnen nicht einfach als schlecht und schädlich abgestempelt werden können. Kriege sind schon lange kein direkter Kampf auf freiem Feld mehr, sondern getrieben von Technik und hochgradig leistungsfähigen Waffen. Hier reihen sich eben auch Drohnen ein. Und, um hier mit dem Gegenüber auf Augenhöhe zu sein, sind sie fast unabdingbar. Gerade wenn sie in das eingeordnet werden, was militärische Operationen eben sind – ein strategischer Zweck, der auf strategischem Handeln beruht. Drohnen ermöglichen, die Aufklärung zu präzisieren und so einen Waffeneinsatz schneller und wirksamer zu gestalten. Anders gesagt: die Zeit zwischen Aufklärung und Waffeneinsatz kann deutlich verzugsloser und genauer geschehen. Und das kann, neben den rein militärischen Vorteilen, auch zum Schutz und der Rettung eigener Soldat*innen und der Zivilbevölkerung genutzt werden und so ihrer Sicherheit dienen.

Völkerrechtliche Grauzonen

Nichtsdestotrotz kann man nicht über den Fakt hinwegsehen, dass es gerade auch bei den von den USA über die Luftbasis Rammstein befohlenen und gesteuerten Luftangriffen immer wieder zu höchst umstrittenen Einsätzen kommt. Im sogenannten „Krieg gegen den Terror“ beruft sich die USA immer wieder auf ihr Recht auf Selbstverteidigung, um sich vor möglichen Terroranschlägen zu schützen und so einen der völkerrechtlichen Grundpfeiler, das Gewaltverbot, zu umgehen. Gerade die abstrakte Gefahr durch nichtstaatlich handelnde Terrorist*innen reicht nach ständiger Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofes aber nicht aus, um als bewaffneter Angriff klassifiziert zu werden und so Militäreinsätze über fremdem Staatsgebiet zu legitimieren.

Zwar widerspricht der Einsatz von Kampfdrohnen nicht grundsätzlich dem Völkerrecht, im Falle der USA kommt aber noch hinzu, dass nicht nur die Rechtfertigung der Angriffe, sondern auch die Angriffe an sich immer wieder als völkerrechtswidrig zu bewerten sind. So geschehen hier regelmäßig konkrete und oftmals nicht verhältnismäßig starke Tötungshandlungen, bei denen immer wieder Zivilist*innen getötet werden. Somit finden hier auch Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht statt – oft, weil die Identifikation der individuellen Person aus großer Entfernung nur unzureichend geschehen kann, wie auch immer wieder Beispiele zeigen.

Ethische Problematik mit Kampfdrohnen

Genau hier ergibt sich dann auch noch ein weiterer Streitpunkt über den Einsatz von Kampfdrohnen – und zwar die ethische Dimension. Inwiefern ist es überhaupt in Ordnung Menschen zu attackieren, wenn diese überhaupt nicht damit rechnen? Oder inwieweit kann man Maschinen überhaupt zutrauen zu erkennen, dass es sich um Soldat*innen oder Kombattant*innen, also Helfer*innen der feindlichen Streitkräfte, handelt und nicht um die Zivilbevölkerung? Außerdem argumentieren Kritiker*innen von Kampfdrohnen, dass Kampfdrohnen nur der Beginn in eine noch autonomere und automatisiertere Kriegsführung sind. Die Unterscheidung von menschengesteurten Kampfdrohnen und komplett autonomen Waffensystemen ist hier durchaus wichtig. Ergibt sich bei erstem zwar noch die Frage, der ethischen Legitimität von Kampfeinsätzen aus oft mehreren tausend Kilometern Entfernung, kann man bei zweitem noch die komplette Kontrolle von Maschinen hinterfragen. Befürworter*innen argumentieren zwar, dass man einen Stoppmechanismus installieren könne, aber die Fragen nach einer 100%-igen Garantie, die Zivilbevölkerung nicht zu gefährden, bleiben.

Die Handlungsoptionen der EU

Diese ganzen Bedenken, aber auch die völkerrechtswidrigen Handlungen auf deutschem und so auch europäischem Grund, machen die Handlungsoptionen der EU eigentlich recht einfach. Grundsätzlich ist die Eurodrohne völlig in Ordnung, vor allem auch, weil sie als menschengesteuertes Aufklärungs- und Unterstützungsinstrument für die Armeen dienen und nicht die Möglichkeit der Tötung beinhalten soll. Wichtig ist hier zu betonen, dass die Einsätze parlamentarisch kontrolliert und abgesegnet werden sollten – auch, um die Völkerrechtskonformität sicherzustellen, und so die Grundwerte der EU im Rahmen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zu wahren.

Was ist aber mit den Einsätzen der USA?

Das Problem mit den USA und ihren Einsätzen, die von deutschem Grund aus gesteuert werden, bleibt trotzdem und muss geregelt werden. Erstens sollte die Bundesregierung hier regelmäßig die Völkerrechtskonformität kontrollieren und die USA bei Verstößen, möchte man selber grundwertekonform handeln, sanktionieren oder sogar die Einsätze von eigenem Hoheitsgebiet untersagen. Die Gefahr der Verschiebung des Problems auf ein anderes Land und somit der Beibehaltung eben dieses ist dann zwar gegeben, ließe sich mit einheitlichen europäischen Regeln aber durchaus vermeiden – zumindest für die EU. Hierfür gibt es vor allem zwei Gründe. Erstens, weil Deutschland auch selbst Schutzpflichten gegenüber Menschen in anderen Ländern hat und für die Handlungen der USA auf deutschem Hoheitsgebiet unter Umständen selber haftbar gemacht werden kann. Selbiges könnte auch für andere Länder gelten. Und zweitens, weil Verstöße gegen das Gewaltverbot und das humanitäre Völkerrecht nur schwer mit den europäischen Grundwerten wie der Wahrung von Menschenrechten in Einklang zu bringen sind. Die EU möchte nämlich, wie bereits erwähnt, auch im Rahmen ihrer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik nach ihren Grundwerten handeln. Sie gelten also nicht nur in Europa! Gerade hier würde sich durch die Eurodrohne die Chance auf eigene Kompetenzen, mehr Souveränität und so die eigene Kontrolle über die Wahrung von den von sich selbst in Artikel 2 EUV festgelegten Grundwerten- und rechten ergeben! Wenn man es richtig und klug macht, kann die Eurodrohne also ein Schritt zu einer wertebasierteren Außen- und Sicherheitspolitik sein.

Dieser Artikel ist Teil des Themenschwerpunkts EuroRights. Alle Beiträge kann man HIER lesen.

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