Die kleine Bohne, die einen ganzen Kontinent eroberte

, von  Federico Permutti

Die kleine Bohne, die einen ganzen Kontinent eroberte
Wahrscheinlich die berühmteste Kaffeespezialität aus Europa: der Espresso. © Federico Permutti

Kaffee, coffee, caffè, café, kava, kávé: viele Namen für ein in vielen Ländern beliebtes Getränk. Von seinem Ursprungsgebiet Äthiopien gelang der Kaffee über Arabien nach Europa und verbreitete sich schließlich in die ganze Welt. Besonders auf unserem Kontinent sind unzählige Zubereitungsarten entstanden. Eine kleine Reise durch die Geschichte der europäischen Kaffeekultur.

Für manche ein morgendlicher Lebensretter, für andere ein Genussmittel, das zu jeder Tageszeit getrunken wird: Seit Jahrhunderten ist Kaffee ein fester Bestandteil unserer Kultur. Tatsächlich: Nirgendwo auf der Welt wird so viel Kaffee getrunken wie in Europa.

Die kostbare Bohne aus dem Orient

Die Bohnen, die aus der äthiopischen Region Kaffa stammen sollen, fanden zunächst im 14. Jahrhundert ihren Weg nach Arabien, wobei die Hafenstadt Mocha im heutigen Jemen zum wichtigsten Handelszentrum für die Ware wurde. Von dort aus verbreitete sich der Kaffee in Ägypten, Syrien und dem Osmanischen Reich, sodass spätestens Mitte des 16. Jahrhunderts in Konstantinopel – trotz der im Laufe der Zeit erlassenen Kaffeeverbote – eine erste Kaffeehauskultur entstanden war.

Zu diesem Zeitpunkt waren die Eigenschaften der „wachhaltenden Droge“ aus dem Nahen Osten in Europa bereits bekannt. Um 1624 trafen erstmals größere Mengen der teueren Ware in Venedig ein, wenig später folgten die ersten Sendungen nach Marseille. Auf unserem Kontinent erlebte der Kaffee einen wahrhaften Boom. Schon um 1645 waren in Venedig mehrere Kaffeehäuser zu finden, vierzig Jahre später eröffnete der Armenier Johannes Theodat das erste Kaffeehaus Wiens. Auch unter der französischen Aristokratie wurde das Getränk schnell beliebt: Der „Sonnenkönig“, Ludwig XIV., soll 1664 seine erste Tasse Kaffee getrunken haben. Sein Nachfolger, Ludwig XV., ließ die Bohnen sogar in den Gärten des Schlosses Versailles anbauen. In England eröffnete das „Lloyd’s Coffee Haus“, welches als Treffpunkt für Kaufleute und Reeder diente und maßgeblich zum Erfolg der gleichnamigen Versicherungsgesellschaft beitrug.

Um 1700 waren Kaffeehäuser vom Straßenbild der europäischen Großstädte nicht mehr wegzudenken und entwickelten sich zunehmend zu gesellschaftlichen und kulturellen Foren: Vor allem in den Pariser Cafés verbreiteten sich etwa die Ideen der Aufklärung. Zugleich kam man auf die Idee, die Bohnen auch in anderen Regionen der Welt anzubauen. Durch die koloniale Ausbreitung der europäischen Staaten gelang der Kaffee in die Karibik, nach Südamerika und nach Asien. Im Laufe des 18. Jahrhunderts wurde er zu einer der am weitesten verbreiteten Anbaupflanzen im Tropengürtel.

Unzählige Zubereitungsarten

Die traditionsreiche Kaffeekultur Europas widerspiegelt sich in den verschiedenen Kaffeevariationen, die im Laufe der Zeit entstanden sind. Man denke nur an das vielfältige Angebot der Wiener Kaffeehäuser, wo man die Wahl zwischen einem „Schwarzen“, einem „kleinen Braunen“, einer „Schale Gold“, einer „Melange“, einem „Einspänner“ und weiteren, unzähligen Zubereitungsarten hat.

Selbst das Wort „Kaffee“ ist an sich ein Symbol unserer kulturellen Vielfalt, denn seine Bedeutung wechselt von Land zu Land, ja sogar innerhalb eines einzigen Landes. Wer in Deutschland einen „Kaffee“ bestellt, der bekommt in der Regel eine dunkle, leicht verwässerte Brühe in einer etwas größeren Tasse. Bestellt man in Italien einen einfachen caffè, so erhält man hingegen einen Espresso. Und es geht noch komplizierter: Die auch in Italien cappuccino genannte Spezialität aus Kaffee und Milchcreme (kein Milchschaum!) heißt zum Beispiel nicht überall so. In dem von der K.u.K.-Zeit noch stark geprägten Triest bezeichnet das Wort nämlich das, was im Rest des Landes als macchiato caldo, im Ausland als „Espresso macchiato“ bekannt ist. Will man in Triest einen herkömmlichen Cappuccino, so muss man einen caffelatte bestellen. Ebenso unterschiedlich ist die Art und Weise, auf die man in Europa den Kaffee genießt. Während man in Italien seinen Espresso gerne stehend am Tresen trinkt, trifft man sich in Schweden ein- oder mehrmals täglich zur Fika – einer gemütlichen Kaffeepause, die meistens zwischen einer halben und einer Stunde dauert. Ebenso hat in Griechenland das gemeinsame Kaffeetrinken im Café einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert.

In Europa sind die Gebräuche hinsichtlich des Kaffeetrinkens mindestens so vielfältig wie die Kaffeesorten und Röstungsarten. Welcher Kaffee am besten schmeckt, muss jeder für sich entscheiden. Als Italiener enthält sich dabei der Autor bewusst jeden Kommentars.

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