eDemocracy, eParticipation, ECI?

Ein Einblick in den eBegriffsdschungel

, von  Inga Wachsmann

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eDemocracy, eParticipation, ECI?

Dieser Artikel erschien im gedruckten Treffpunkt Europa, Mitgliedermagazin der JEF-Deutschland.

Alles braucht seine Zeit. Das gilt besonders dann, wenn Ideen verwirklicht und fest in einer Gesellschaft verankert werden sollen. Seit über 60 Jahren setzt sich die JEF für die Teilhabe und Teilnahme aller Europäer/-innen an einem föderalen Europa ein und seit 20 Jahren wird an einem Meinungsbildungsprozess gearbeitet, der alle BRD-Bürger/-innen einbezieht. Den Erfolg dieser Integration und Partizipation zu beurteilen, sei jedem selbst überlassen. Ihn an Wahlbeteiligung zu messen, ist ernüchternd. Welche Rolle spielt vor diesem Hintergrund das World Wide Web, das seit der Jahrtausendwende einen vielfältigen Zugang und neue Wege der Einflussnahme ermöglicht?

Das technology gap

Die EU hat sich große Ziele gesetzt und möchte bis 2020 führend in eParticipation sein. Ein hochgestecktes Ziel. Denn wo Technologien vorhanden sind – und das Web 2.0 wird 3.0 bevor der Beamte „Mahlzeit“ sagen kann – sind Umsetzung und Nutzung nicht selbstverständlich. Die öffentliche Hand braucht besonders viel Zeit, weil neben technologischen Neuerungen an Stelle mancher traditioneller Dienstleistungen neue eServices gefragt sind. Neben dem wirtschaftlichen Aspekt, europäische Unternehmen sowie öffentliche Dienstleistungen (eGovernment) durch ICT (Informations- und Kommunikationstechnologien) leistungsfähiger zu machen, sollen Bürger/-innen mit Hilfe von ICT stärker in die Politik und politische Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Damit dies gelingt, testen EU-geförderte Pilotprojekte seit 2006 den Bedarf und das Verhalten der Bürger/-innen im Bereich von Gesetzgebungsprozessen (eParticipation Preparatory Action plan). Kommunikation, Interaktion, Zugang, Effizienz und Transparenz sind die Schlagwörter.

eParticipation, Bürger und NGOs – das PEP-NETzwerk

Die meisten eParticipation-Projekte sind EUfinanziert, werden aber lokal durchgeführt. Aktuell steht ein Topf von 7 Mio. Euro zur „Stärkung und Beteiligung der Bürger/-innen an transparenten Entscheidungsprozesse auf EUEbene“ zur Verfügung. Das Gesamtbudget beträgt 63 Mio. Euro bis 2013. Als eines der geförderten Projekte knüpft sich seit 2007 das PanEuropäische eParticipation-Netzwerk. Vernetzt sind dort öffentliche Einrichtungen, Technikexpert(inn)en, Wissenschaftler/- innen und Bürgerorganisationen als Stakeholder aus dem Bereich der webbasierten Bürgerbeteiligung. Über die Vernetzung der Akteure hinaus ist das Ziel (Best Practice-) Austausch und damit die Weiterentwicklung der eParticipation.

Wie eParticipation konkret aussieht?

Die vielen diskussionswürdigen Fragen, wie demokratisch und sicher eParticipation ist, seien hier einmal ausgeklammert. Erfreuen wir uns lieber an einem bunten Strauß von Pilotprojekten, derer sich unsere eDemocracy bedienen kann.

Meinungen bilden: Meinungsbildung erfolgt durch Information. Dafür gibt es vielfältige Online-Spiele, aber auch Twitter-Fragestunden und Web-Portale. So zum Beispiel „ePractice“, ein interaktives Portal der Europäischen Kommission, das Dienste wie Factsheets, Workshops und Best Practice anbietet. Auch Vergleichsrechner oder Instrumente ähnlich dem Wahl-O-Mat helfen Bürger/-innen bei der Meinungsbildung.

Sich engagieren: Auf der Seite „Märker Brandenburg“ können Bürger/-innen Infrastruktur- Probleme – wie ausgefallene Ampeln, umgefallene Bäume oder neue Schlaglöcher – den Behörden anzeigen. Über die Plattform „Let’s do it“ können Bürger/- innen ihr persönliches Saubermach-Engagement einzeichnen und präsentieren. Das motiviert und spornt die Kreativität an, wie wir unsere Umwelt sauber halten können. Ein Beispiel für individuelles Engagement auch in anderen Bereichen für eine sozial, ökologisch und wirtschaftlich nachhaltige Welt von morgen?

Meinungen äußern und im Dialog mit Institutionen an einer Entscheidung mitwirken: Eine der Haupterwartungen an eParticipation ist die Einbeziehung der Wähler/-innen in politische Entscheidungsprozesse. Durch den Online-Dialog mit den Bürger(inne)n möchte die politische Klasse ihr Image sowie die Qualität und Akzeptanz politischer Entscheidungen verbessern. Beispiele finden sich zu Themen wie Bürgerhaushalten oder lokalen Bauplanungsfragen [1]. Auf EU-Ebene sind uns die Konsultationen der Europäischen Kommission gut bekannt [2].

Diskutieren: Für die Europäische Bürgerinitiative (ECI) ist das Pilotprojekt „EuroPetition [3] interessant. Es dreht sich um wahrhaft europäische Petitionen. Thematisch ähnliche regional diskutierte Petitionen in fünf Mitgliedstaaten werden dabei über je einen Kontaktmann diskutiert, wobei ein ständiger Kontakt zum Europäischen Parlament besteht und einer der Kontaktmänner dort auch die entstandene europäische Petition verhandelt. Die lokale Online-Diskussion wird in der jeweiligen Landessprache geführt. Die Erfahrungen sollen zukünftigen ECIs dienen. Viele Fragen zum Thema ECI bleiben jedoch unbeantwortet.

Was lernen wir daraus? Wenn Netztechnologie zu nutzerfreundlicher und allen Bürger(inne)n zugänglicher, demokratischer Beteiligung führt, ist sie nicht nur eine Chance für die Teilhabe am europäischen Einigungsprozess insgesamt, sondern auch für die Europäische Bürgerinitiative, eine eCitizensinitiative. Ein Thema, das noch viel Diskussionsstoff bietet.

Logo: eParticipation © Europäische Union, 1995-2010

Heftabbildung:Treffpunkt Europa, Mitgliedermagazin der JEF-Deutschland.

Siehe auch

www.eu-participation.eu Portal der von der Kommission geförderten eParticipation-Projekte

www.lex-is.eu LEX-IS möchte die Partizipation junger Menschen an öffentlichen Debatten fördern und den Gesetzgebungsprozess nationaler Parlamente verbessern.

www.ep-momentum.eu Momentum überwacht durch die Kommission kofinanzierte eParticipation-Projekte.

Anmerkungen

[2ec.europa.eu/yourvoice

[32009–2010, 0,75 Mio. Euro Förderung

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