Europäische Kulturhauptstadt 2020: Galway versprüht seine Magie

, von  Ines Neuf

Europäische Kulturhauptstadt 2020: Galway versprüht seine Magie
Galway 2020 - Meyrick Roof. Foto: zur Verfügung gestellt von Declan Colohan.

Spätestens seit Ed Sheerans „Galway Girl“ hat man den Namen der Stadt an der Westküste Irlands schon einmal gehört. Mit dem Klang der charakteristischen folkloristischen „Fiddle“ im Kopf und dem unvermeidbaren Ohrwurm schaut man nun auf Galway, die Stadt, die neben dem kroatischen Rijeka zur diesjährigen Europäischen Kulturhauptstadt ernannt worden ist.

Den Titel „Kulturhauptstadt“ tragen jedes Jahr zwei Städte Europas, die sich sechs Jahre vorher bei der Europäischen Kommission bewerben und dann vier Jahre vor dem tatsächlichen Kulturhauptstadtjahr formell ernannt werden. Mit dem Motto „Let the Magic In“ war in Galway nicht nur die Vorfreude auf ein Jahr im Zeichen der Kultur riesig, sondern auch die Erwartungen an ein spektakuläres Jahr hoch. Umso unerwarteter trafen die neuen Umstände auf die Kulturhauptstädte: Ein Virus warf alle Pläne durcheinander.

Traditionell Irisch

Rauschende Feste in holzvertäfelten Pubs, das irische Bier Guinness fließt in Strömen, dazu spielt eine Band mit Fiddle und der traditionellen Schnabelflöte Tin Whistle: So in der Art und mit klischeebehafteter Brille blickt man vom europäischen Festland auf die Grüne Insel. Diese gehört seit 1973 zur Europäischen Union und grenzt sich in Zeiten des Brexits noch mehr von seinen direkten Nachbarn ab. Irland ist eigensinnig und stolz, die Musik gilt als heilig. Die zweite Amtssprache ist neben Englisch Irisch-Gälisch und auch wenn nicht mehr viele Ir*innen die keltische Sprache sprechen, werden die Straßenschilder in den Städten in beiden Sprachen geschrieben. So auch in Galway, der drittgrößten Stadt der Republik.

Die Stadt an der Westküste Irlands ist bekannt für gute Musik und mitreißende Partys. Ir*innen allgemein gelten als feierwütig (Irland ist im weltweiten Pro-Kopf Bierkonsum auf Platz 6, Stand 2018) und nirgendwo spiegelt sich das stärker wider als in Galway. Hier gibt es an Pubs und Bars alles, was Tourist*innen von irischen Festen erwarten. Galway ist nach Dublin die zweitbeliebteste Stadt mit jährlich ca. 1,6 Millionen Besucher*innen (Stand 2017 und zieht die Menschen neben Musik und Party vor allem mit seiner Kunst und Kreativität an. Hier findet eines der größten Kunstfestivals Irlands statt: Das Galway International Arts Festival, bei dem Theater auf Diskussionsrunde und Tanz auf Oper trifft. Leider kann auch hier das Programm nicht wie geplant stattfinden und wurde auf nächstes Jahr verlegt.


Ein auch in digitaler Form miterlebbarer Programmpunkt der neuen Kulturhauptstadt: die Lichtinstallation „Savage Beauty“. Foto: Cormac McMahon

Galway 2020

Lebensfroh und naturverbunden wollte sich Galway als „Europäische Kulturhauptstadt 2020“ präsentieren. Das Programm, mit den Themen „Language, Landscape and Migration“, wurde im Rahmen des keltischen Kalenders aufgebaut. „Imbolc, Bealtaine, Lughnasa, Samhain“ sind keltische Feste, die den wechselnden Jahreszeiten gewidmet sind. Dementsprechend begannen die Festlichkeiten im Februar, der Monat, wenn „Imbolc“, der Frühlingsbeginn, gefeiert wird, und sollen mit „Samhain“ Ende Januar 2021 abschließen.

Die Liebe zur Natur und zur Musik spiegelt sich auch in den Programmpunkten wider: Ein Musikfestival jagt das Nächste. Die Corona-Pandemie zerschlug diese Pläne. „Aufgrund des Lockdowns und der Reisebeschränkungen mussten wir alle Programmpunkte und das internationale Programm bis September 2020 streichen“, erzählt mir Fintan Maher, der Communications Director. Beide, die Bewohner*innen Galways sowie das Organisationsteam rund um die „European Capital of Culture“ (ECOC), seien über die Entwicklungen sehr enttäuscht. Die Planungen laufen seit 2014 und kosteten viel Mühe und Energie. Noch stärker wiegt allerdings die verpuffte Vorfreude darauf, Galway europaweit von seiner schönsten Seite präsentieren zu können. Die Hoffnung auf ein Wieder-Aufnehmen des Programms gegen Ende des Jahres bestehe aber noch, meint Fintan Maher.

Allerdings konnten einige Events auch digital umgesetzt werden. So zum Beispiel die Lichtinstallation „Savage Beauty“ des finnischen Künstlers Kari Kola. Mit 1000 Lichtern, die eine Strecke von fünf Kilometern umspannen, verwandelten sich die „Connemara“ Berge so in eine Naturbühne voll schillernder und pulsierender Farben — alles online zu betrachten. Auch wenn digitale Übertragungen die Stimmung vor Ort nicht originalgetreu einfangen können, versucht man sich bestmöglich mit der neuen Situation zu arrangieren.

ECOC lebt weiter

Fintan Maher und sein Team sind trotz allem dankbar, dass Galway den Titel der Europäischen Kulturhauptstadt erhalten hat. Neue Partnerschaften mit europäischen Organisationen wurden geschlossen, wertvolle Erfahrungen gesammelt. Dass das Team in den letzten drei Jahren für Galway ordentlich die Werbetrommel rührte, wird auch langfristig Folgen haben. Fintan erhofft sich viele Besucher*innen in den kommenden Jahren, auch aufgrund positiver Bewertungen in namhaften Reisebüchern. Sein Fazit fällt trotz der vielen Enttäuschungen positiv aus: „Wir mussten aufgrund der COVID-19 Pandemie unser komplettes Programm neu aufstellen, was sehr herausfordernd war. Die Langzeit-Vorteile für Galway als Europäische Kulturhauptstadt, vor allem im internationalen Profil, aber sind enorm.“ Und dann wird „Imbolc“ in Galway nächstes Jahr vielleicht noch größer gefeiert. Denn dann kann man mit dem Ende des Winters vielleicht auch das Ende einer Pandemie erhoffen.

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