Politische Folgen des 07.01.2015
Frankreich erholt sich nur langsam vom Schock der Attentate. Die Bevölkerung erwartet Reaktionen von der Politik. Neue Anti-Terror-Gesetze soll es geben. In Frankreich sind Anti-Terror-Gesetze immer nach Anschlägen erweitert und verschärft worden, wie euronews erklärt. Es wird breit diskutiert: Wie konnte es zu den Anschlägen kommen? Wie haben sich die Täter radikalisiert? Was läuft schief in der französischen Gesellschaft?
Die Schulen seien zu lange vernachlässigt worden, räumte Premierminister Manuel Valls ein. Seit 1905 gilt in Frankreich das Prinzip der laicité, der strikten Trennung von Staat und Religionen im öffentlichen Leben, also auch in Schulen. Viele sehen die laicité als Rezept gegen die aufgeladene Stimmung. „Fahren wir fort, die Laizität in den Schulen zu lehren", hatte auch die Witwe eines der ermordeten Journalisten bei der Trauerfeier für ihren Mann gesagt.
Front National will Kapital aus den Attentaten schlagen
Die Terrorattentate spielen dem Front National in die Hände. Seit Jahren warnt die rechtsextreme Partei in eher schrillen Tönen vor den Gefahren durch Islamismus und Überfremdung. Zum Trauermarsch in Paris nicht eingeladen, inszenierte sich die Parteichefin Marine Le Pen gekonnt als Opfer: Es handele sich um „politische Manipulation“. „Das ist erbärmlich“, sagte sie.
Le Pen versucht den Eindruck zu vermeiden, sie wolle aus den Anschlägen billiges politisches Kapital schlagen. Schließlich will man sich vom rassistischen, rechtsradikalen Image reinwaschen. Doch die 46-jährige Le Pen erklärte noch am Tag nach dem Anschlag, als Antwort auf die Frage eines TV-Journalisten, sie wäre für die Wiedereinführung der Todesstrafe. Sollte sie 2017 zur Präsidentin gewählt werden, würden die Franzosen in einem Referendum darüber entscheiden können. Le Pen will von den Anschlägen profitieren, ein anderer tut es bereits.
François Hollande gewinnt Zustimmung
Aktuell entwickelt sich der französische Präsident François Hollande überraschend zum Sympathieträger, der die Krise meistert. Vor den Anschlägen war der Sozialist auf dem besten Weg die größte Witzfigur der Republik zu werden. Er war aufgrund der Wirtschaftskrise und der hohen Arbeitslosigkeit in Umfragen auf ein historisches Tief gerutscht. Eineinhalb Jahre nach seinem Amtsantritt hatte Hollande einen unschönen Rekord gebrochen: seit Beginn der Fünften Französischen Republik im Jahr 1958 war kein Präsident so unbeliebt wie er.
Jetzt wird der Präsident auf einmal wieder populär: Sogar die Zeitung Le Figaro schreibt anerkennend über ihn – und das obwohl das konservative Blatt nicht gerade für Milde gegenüber der Linken bekannt ist. In Umfragen loben fast 80 Prozent der Franzosen das Krisenmanagement von Hollande und seinem Premierminister Manuel Valls.
Frankreich wählt 2017
Marine Le Pen wird wohl weiterhin versuchen, die Angst der Bevölkerung vor einer zunehmenden Islamisierung zu schüren. Wenn die sozialistische Regierung es nicht schafft, die Probleme wie Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit und Chancenlosigkeit der Jugend in den Griff zu bekommen, wird Le Pen Wähler überzeugen. Denn der Front National präsentiert sich gerne als Anti-Parteien-Partei und gewinnt Sympathien bei allen Bürgern, die mit den herrschenden Verhältnissen unzufrieden sind. Die Entscheidungen, die die Politiker jetzt treffen, sind entscheidend für die Zukunft Frankreichs und somit auch für die kommenden Präsidentschaftswahlen. Bis 2017 wird in Paris noch viel Wasser die Seine hinunterlaufen.
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