Good Bye, Europe?

, von  Hannah Illing

Good Bye, Europe?
Miloš Zeman im September 2015 bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen. Copyright: United Nations Photo / Flickr / CC BY 2.0

Für westlich orientierte Tschechen war es ein Schock, als Miloš Zeman am vergangenen Wochenende für weitere fünf Jahre ins Präsidentenamt gewählt wurde. Sein Vorsprung auf Gegenkandidat Jiří Drahoš betrug knapp 150 000 Stimmen, was veranschaulicht, wie gespalten das Land ist. Hinsichtlich der Zukunft der Beziehung Tschechiens zu Europa ist das Wahlergebnis desaströs.

Nein, die Vernunft hat nicht gesiegt bei dieser Präsidentschaftswahl, auch der Anstand hat verloren. Gewonnen hat ein Präsident, der bewusst Angst schürt, Hass gegenüber Migranten fördert und der mit populistischen Parolen auf Stimmenfang ging. Ein Präsident, der sich nicht zu schade war, mit einer widerlichen Schmutzkampagne gegen seinen Herausforderer in den sozialen Medien Werbung für sich zu machen. Auch mit der Wahrheit hält er es nicht so genau: Allein während der letzten TV-Debatte der Präsidentschaftskandidaten im Tschechischen Fernsehen hat Zeman 14 falsche Aussagen gemacht.

Ein in den letzten Tagen oft zitiertes Wahlplakat Zemans sagt viel aus über die Art und Weise, wie dieser Mann das Land regiert hat und nun wohl oder übel weiter regieren wird: „Stopp der Immigration und Drahoš“, stand darauf. Und: „Dieses Land gehört uns.“ Als Zeman sich am Samstag für seinen Wahlsieg bejubeln ließ, war unter anderem Tomio Okamura dabei, Wortführer der tschechischen Rechtsextremisten. Beobachter befürchten, dass der Präsident sich in seiner zweiten Amtszeit noch radikaler äußern wird als bisher. Ein drittes Mal kann Zeman nämlich nicht wiedergewählt werden, er hat also nichts zu verlieren.

Der tschechische Präsident hat zwar überwiegend eine repräsentative Funktion, nicht zuletzt Zeman hat jedoch gezeigt, wie stark man in dieser Position das gesellschaftliche Klima im Land beeinflussen kann. Der Europaskeptizismus der Tschechen wurde bereits von Zemans Vorgänger Václav Klaus genährt. Zeman hat noch dazu Rassismus und Fremdenhass geschürt und so maßgeblich dazu beigetragen, dass die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Flüchtlingsquoten von der Mehrheit der tschechischen Öffentlichkeit vehement abgelehnt werden.

Noch dazu vergibt der Präsident den Auftrag zur Regierungsbildung; Zeman hat diesen bereits ein zweites Mal an den eben erst zurückgetretenen Premier Andrej Babiš erteilt. Babiš, Gründer der zuletzt sehr erfolgreichen populistischen Partei Ano, ist in Tschechien höchst umstritten: Sowohl die tschechische Justiz als auch die europäische Antibetrugsbehörde OLAF ermitteln gegen den Milliardär bzw. seine Firma Agrofert, weil er EU-Fördergelder für KMUs veruntreut haben soll. Bliebe Babiš in einem zweiten Anlauf Premier, würde Tschechien also von einem korrupten und machtgierigen Zweigespann regiert, dem jede Ahnung europäischer Werte fremd ist.

Zeman steht dem russischen Präsidenten Vladimir Putin nah, seine Politik ist klar auf Russland und China ausgerichtet. Die Europäische Union scheint für ihn hauptsächlich wegen ihrer Fördergelder interessant zu sein, sobald die Mitgliedschaft mit Pflichten einhergeht, wird sie lästig. So sagte Zeman im letzten Fernsehduell mit seinem Herausforderer Drahos im Tschechischen Fernsehen etwa, Tschechien könne den Euro erst dann einführen, wenn Griechenland seine Schulden zahle oder die Eurozone verlasse. Solidarität ist ihm wohl ein Fremdwort.

Zeman würde ein Referendum für den Austritt Tschechiens aus der EU unterstützen - das hat er sowohl in der letzten Fernsehdebatte, als auch während seiner Siegesrede am Samstag betont. Er selbst kann ein Referendum allerdings nicht veranlassen, dazu ist die Zustimmung des tschechischen Parlaments notwendig. Bleibt zu hoffen, dass in der tschechischen Politik die Vernunft nicht ganz verloren geht.

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