Deutschland macht die Grenze nach Österreich vorübergehend zu und führt die Grenzkontrollen wieder ein. Dies veranlasst den Autor zu folgendem theoretischen Experiment: Mal angenommen, 200 Schüler versammelten sich in einer Turnhalle. Wir unterstellen, alle Schüler wären gleich wasserscheu. Nun käme ein einziger Schüler mit einer Wasserpistole aus einer der Türen und hätte die Aufgabe, die Übrigen durch permanentes Spritzen ins Chaos zu stürzen. Vermutlich werden Sie mir zustimmen, wenn ich vermute, dass für einen kurzen Moment Irritation aufkommen würde und dass dann zwei, drei starke Jungs dem „Übeltäter“ die Wasserpistole aus der Hand reißen würden, um ihn zu fragen, um ihn zur Raison bringen – in der Turnhalle herrsche Wasserverbot. Anschließend wäre das Experiment vorbei und die Schüler würden sich fragen, was das für ein langweiliges Experiment gewesen wäre.
Natürlich handelt es sich um einen polemischen Vergleich, aber doch wird durch ihn ganz klar, was die „Flüchtlingskrise“ in Europa aktuell eigentlich bedeutet. Wenn dieses Jahr tatsächlich zweieinhalb Millionen Flüchtlinge in die EU kommen sollten, wären dies 0,5% der gesamten Einwohnerzahl von über 500 Millionen. Kaum einer wird behaupten können, dass die Europäische Union damit tatsächlich überfordert wäre, zumal der Vergleich böswillig unterstellt, „der eine“ wolle Chaos verursachen, was der Absicht der aktuell ankommenden Flüchtlinge wohl kaum gerecht wird.
Entscheidend ist zweierlei: die kurzfristige Bewältigung der akuten Krise, die aktuell insbesondere durch Österreich, Schweden und Deutschland bewältigt wird und zweitens die Beseitigung der strukturellen Krise der Europäischen Union, die sich – die Griechenlandkrise ist nicht mal im Ansatz gelöst – nun auch in der Asylfrage erschreckend, wenngleich von Kennern seit Jahren erwartet, ans Tageslicht drängt.
Akut ist das Verhalten insbesondere von den ost- und mitteleuropäischen Staaten, aber insbesondere auch von Großbritannien und Dänemark sowie den baltischen Staaten einfach nur als beschämend und mit ungläubigem Staunen zu verurteilen. Die Briten empören sich währenddessen, sie hätten sowieso schon Probleme, ihre Einwanderer zu integrieren und postieren Maschinengewehre vor dem Eurotunnel. Die Slowaken wollen 200 (!) Flüchtlinge aufnehmen, aber bitte nur, wenn es Christen sind. Wo sind denn unsere überlegenen Werte angesichts von Krieg und Elend, das von einzelnen Mitgliedsstaaten durch Destabilisierung des Nahen Ostens tatkräftig mit verursacht wurde - Stichwort Irakkrieg und Koalition der Willigen? Unsere Antwort kann doch nicht sein, dass wir einfach unsere Grenzen schließen und die Augen verschließen – nie seit ich mich für Europa engagiere war ich fassungsloser als heute über das Verhalten so genannter europäischer Staaten, die für sich in Anspruch nehmen, nach dem Erbe der Aufklärung zu handeln.
„Wir würden ja helfen, aber das sind alles Muslime.“ Dieser Satz steht doch unausgesprochen im Raum. Was für eine Bankrotterklärung! Der Autor dieser Zeilen würde nie bestreiten, dass uns eine Integrationsherausforderung ungeahnten Ausmaßes ins Haus steht – die meisten der ankommenden Flüchtlinge werden unter Toleranz nicht 1:1 dasselbe verstehen wie wir. Dass es dieses „Wir“ aber überhaupt gibt, daran muss angesichts des Verhaltens zahlreicher Staats- und Regierungschefs in den letzten Wochen aber doch erheblicher Zweifel bestehen.
Es geht darum, dass 200 Leute in der Turnhalle einem einzigen Neuling erklären, wie die Regeln sind und dieser Neuling hat sehr wahrscheinlich nicht einmal eine Wasserpistole dabei. Was sind wir für Feiglinge, wenn wir meinen, das nicht hinzubekommen? Hier ist die Chance zu beweisen, dass wir integrationsfähig sind, hier ist die Chance zu beweisen, dass die europäische Lebensweise besser ist als die chinesische Diktatur und die amerikanische Weise, hohe Zäune nach Mexiko zu bauen.
Wir brauchen sofort einheitliche Asylstandards in allen europäischen Staaten, wir brauchen einheitliche Asylstandards: wer Asyl beantragen darf, wie lange ein Verfahren dauern darf und auf welche Art und Weise die Flüchtlinge in die Gesellschaft integriert werden, wenn keine Aussicht auf eine Rückkehr in ihre Heimatländer besteht. Es geht nicht darum, Flüchtlinge mit Samthandschuhen anzufassen, sondern ihnen ihr Recht zu verschaffen. Weil bei uns Rechtsstaatlichkeit herrscht, wollen die Flüchtlinge überhaupt zu uns.
Und weil doch einzelne mit einer Wasserpistole kommen werden, gehören die Themen „Werte, Recht und Gesetz sowie Toleranz und Religionsfreiheit“ ab der ersten Stunde in jeden Integrationskurs. Grund- und Freiheitsrechte sind nicht willfähriges Opfer von Beliebigkeit, sondern die überzeugendsten und wehrhaftesten Grundsätze, die je vom Menschen erdacht wurden.
Statt sich ängstlich hinter Zäumen und Grenzen zu verschanzen, müssten wir uns das vielleicht mal wieder vor Augen führen und offensiv vorleben. Nicht nur durch eine kurzfristige Willkommenskultur, sondern durch langfristiges, strukturelles und wertegebundenes Handeln. Es ist höchste Zeit.
1. Am 14. September 2015 um 15:12, von duodecim stellae Als Antwort Grenzkontrollen - ein Armutszeugnis für die europäische Asylpolitik
Inhaltlich der beste Artikel, den ich bisher von ihnen gelesen habe Herr Schrock. Was ich aber doch bemängeln möchte „Österreich, Schweden und Deutschland“ sind nicht die einzigen Länder, die die Krise bewältigen müssen. Italien, Griechenland und jetzt auch Ungarn haben mit der Masse an Flüchtlingen mindestens genau so zu kämpfen und sind genauso überfordert wie jene drei Länder, die sie im Artikel erwähnten. Außerdem waren die Italiener die ersten, die vor Jahren versucht haben auf das Flüchtlingsproblem aufmerksam zu machen und die ersten, die mit der Seenotrettung begonnen hatten.
Ich sehe die aktuelle Situation mit den Grenzkontrollen zu Österreich nicht so dramatisch. Spätestens nach dem Oktoberfest werden die Grenzen wieder geöffnet. Falls nicht erwarte ich, dass die Kommission ihrer Rolle als Hüter der Verträge gerecht wird.
Viele Leute verurteilen die Mauer zwischen Ungarn und Serbien oder jetzt die Grenzkontrollen zu Österreich, aber alles in allem werden diese Maßnahmen ein Umlenken der Flüchtlingsströme herbeiführen, das es leichter machen wird einen Kompromiss beim nächsten treffen des Europäischen Rates zu finden. Mag zynisch klingen, aber das ist Realpolitik und die Flüchtlinge sind nicht dumm. Wenn sie mitkriegen, dass die Bayrisch-Österreichische Grenze dicht ist, die tschechische aber nicht, gehen sie über Tschechien oder Polen und ziehen damit diese Länder in die Problematik hinein. Vielleicht ist das sogar die Strategie.
Außerdem hoffe ich, dass sich in den kommenden Wochen beweisen wird wie ineffektiv und absurd Grenzkontrollen sind, weil diverse Flüchtlinge einfach über Wald und Wiese zu Fuß sich nach Bayern einschleichen werden. So oder so, wird sich in den kommenden Wochen zeigen, wie wichtig die europäische Einheit für uns alle ist. Das ist zumindest meine Hoffnung, denn derartige Flüchtlingsströme und der europäische Grenzschutz sind von keiner kleinen europäischen Nation allein in den Griff zu kriegen.
2. Am 5. Oktober 2015 um 22:39, von Moreno Ferron Als Antwort Grenzkontrollen - ein Armutszeugnis für die europäische Asylpolitik
Armutszeugnis für die Grenzkontrollen in Europa, da kann ich nur sagen nein. Das ist Richtig so!
Was Europa jetzt braucht ist ein Grenzwall um Europa, so wie die USA an der Grenze zu Mexiko einen hat. Nur damit ist es möglich eine Kontrollierte Einwanderung in Europa zu gewährleisten und dem Flüchtlingsstrom in Europa unter Kontrolle zu bekommen.
Jeden Tag kommen in Deutschland mehr als 10000 neue Flüchtlinge an. Deutschland kann mit der Registrierung der neu ankommenden Flüchtlingen nicht mehr mit halten, nur noch jeder 3 neue Flüchtling wir sofort Registriert, alle anderen kommen erst in ein Erstaufnahme Lager, wo sie Registriert und weiter verteilt werden auf überfüllte Gemeinden und Städten.
Das ist eine Völkerwanderung die da auf Europa zu kommt!
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