Die Süddeutsche Zeitung berichtete kürzlich, bayerisches Bier werde in Deutschland immer beliebter. Für einen Nicht-Bayern klang das nach Selbstgefälligkeit, nach: Mia san mia, und unser Bier ist das Beste! Es ist ja bekannt, dass man südlich des Weißwurstäquators alles liebt, was von dort stammt: das Oktoberfest, BMW, Bayern München, Weißwürste. Sogar auf Florian Silbereisen sollen manche Bayern stolz sein. Dass ihr Bier den deutschen Markt erobert, scheint ihnen aber Kopfzerbrechen zu bereiten. Sie beobachten mit Argwohn, wie norddeutsche Brauereien bayerische Sorten kopieren. Ein „Helles“ aus Schleswig-Holstein? Gott bewahre! Etikettenschwindel! Solche Rufe hört man aus dem Freistaat.
Die bayerischen Braumeister sollten sich entspannen. Und sich daran erinnern, dass Bier etwas mit kultureller Vielfalt zu tun hat. Es ist ein so vielfältiges Getränk, dass man an den Stammtischen darüber streitet, ob es „Weizen“ oder „Weißbier“ heißen muss, ob man nur Pils oder nur Helles trinken sollte, ob deutsches Bier besser ist als belgisches oder irisches oder polnisches oder niederländisches oder tschechisches. Bier zeigt, wie viele Geschmäcker es in Europa gibt: Die einen lieben Ale, die anderen Stout, es gibt Porter und Lager, Rotbier und Abteibier, Kölsch und Bitter, kurz: Es gibt so viele Bierarten in Europa, dass man sie nicht alle aufschreiben kann.
Es kann spannend sein, Bier aus anderen Ländern zu probieren. Man fühlt sich dabei wie ein proletarischer Sommelier, und selbst wenn es nicht schmeckt, hat man das Gefühl, einer anderen Kultur nähergekommen zu sein. Die Deutschen sollten mehr Tyskie trinken und die Polen mehr Beck’s, die Niederländer mehr Budweiser und die Tschechen mehr Heineken, die Franzosen mehr Moretti und die Italiener mehr Kronenbourg. Und die bayerischen Bierbrauer sollten aufhören zu jammern, dass andere nach ihrem Vorbild brauen. Sie sollten erkennen, dass Vielfalt gut ist, und selbstbewusst zurückschlagen: mit Münchener Altbier, zum Beispiel.
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