Jugend, Politik und Kommunikation: So gehts

, von  Leonie Martin

Jugend, Politik und Kommunikation: So gehts
Ein Selfie mit dem Präsident des europäischen Parlaments Martin Schulz. Foto: European Union 2014 - European Parliament. / Flickr / Attribution-NonCommercial-NoDerivs 2.0 Generic (CC BY-NC-ND 2.0)

Junge Menschen haben sich schon immer aktiv an dem öffentlichen Leben demokratischer Gesellschaften beteiligt. Sie setzen selbstverständlich andere politische Prioritäten als andere Altersgruppen und mit ihrem Engagement wird der Erhalt der Demokratie erst möglich.

Mit der Alterung der Gesellschaft in Europa ist es noch wichtiger geworden, dass junge Menschen sich einbringen. Dies geschieht aber oft nicht: Weniger als ein Drittel aller jungen Menschen (18-24 Jahre) gaben bei der letzten Wahl zum Europäischen Parlament ihre Stimme ab. Die Beteiligung der jungen Menschen am Referendum in Großbritannien war mit 64 % etwas höher, aber nicht so hoch, wie sie bei einer Abstimmung von so epochaler Bedeutung hätte sein sollen. Im Hinblick auf die kommende Wahl zum Europäischen Parlament in 18 Monaten sollten wir uns daher nicht nur mit den Problemen der europäischen Demokratie befassen, sondern auch damit, wie Politiker mit jungen Menschen kommunizieren.

Vor allem ist „die Jugend“ keine einheitliche Gruppe, so dass für erfolgreiches Kommunizieren mehr als ein Ansatz erforderlich ist. „Die Jugend“ besteht aus ganz unterschiedlichen Menschen, von denen manche in Parteien aktiv sind, andere sich in nichtstaatlichen und überparteilichen Jugendorganisationen wie der unseren engagieren, und wieder andere in politischen Bewegungen tätig sind, die zur Durchsetzung eines einzigen Ziels — wie LGBTQIA-Rechte oder der Kampf gegen den Klimawandel — entstanden sind. Was wir aber gemeinsam haben, sind die für die Generation der „Millennials“ typischen Dimensionen der Kommunikation, d.h. die Nutzung sowohl des realen als auch des digitalen Raums. Im realen Leben engagieren sich junge Menschen häufig in Jugendorganisationen. Dies muss jedoch mit langfristigen Zielen im Interesse der Gesellschaft gekoppelt werden: Wenn junge Menschen das politische System nicht verstehen und ihre Rechte und Pflichten als Staatsbürger nicht kennen, werden sie nicht daran interessiert sein, mehr über die konkrete politische Arbeit zu erfahren. Leider steht politische Bildung in den meisten Schulen in Europa nicht in ausreichendem Umfang auf dem Lehrplan; über die Arbeitsweise der EU erfahren die Schüler noch viel weniger. Es ist also kein Wunder, dass am Tag nach der Volksbefragung in Großbritannien die Frage „Was ist die EU“ ganz oben auf den Google Trend Charts lag. Da es in diesem Bereich also deutliche Mängel gibt, arbeiten unsere Mitglieder eng mit Schulen zusammen. Das große Interesse, auf das unser Netzwerk dabei stößt, macht deutlich, dass es einen Bedarf für die Vermittlung dieser Inhalte gibt, auf den Entscheidungsträger auf allen politischen Ebenen eingehen sollten.

Die sozialen Medien sind inzwischen fester Bestandteil des Alltags vor allem junger Menschen. Wie viele andere Bereiche unseres Lebens haben sich auch die politischen Diskussionen dorthin verlagert. Daher sollten wir uns in unserem Bemühen, die Jugend zu erreichen, eher die Frage stellen, wie wir die in den traditionellen Medien stattfindende Debatte mit den sozialen Medien verbinden können. Zurzeit scheinen beide Diskurse nämlich nebeneinander her zu laufen. Unsere Empfehlung an die Politiker lautet daher, ebenfalls in den sozialen Medien aktiv zu werden. Hierbei lohnt es sich herauszufinden, welche Plattform bei den jungen Generationen in der eigenen Region am beliebtesten ist und hier regelmäßig sinnvolle Beiträge zu veröffentlichen.Im Rahmen dessen müssen jedoch drei Grundsätze beachtet werden: Erstens sind die sozialen Medien vor allem sozial und sollten entsprechend genutzt werden. Die Politiker müssen die Nutzer ernst nehmen.:Reaktionen und Antworten auf Postssollten wie digitale Briefe von Bürgern behandelt und dementsprechend beachtet werden. Selten erfolgreich sind Profile, die keine Interaktionen mit den Abonnenten aufweisen. Dementsprechend sollte die Social Media Strategie eines oder einer Politiker*in eine Komponente beinhalten, mit der regelmäßig das Engagement anderer User beobachtet und eventuell in die Positionen des/der Entscheidungsträger*in miteinfliessen kann.

Zweitens sollten junge Menschen nicht unterschätzt werden: Sicherlich kann man sich über das Ende der Roaminggebühren innerhalb der EU freuen, aber wir sind mir als ein homo oeconomicus. Wir sehen wie unsere Generation Schwierigkeiten hat, Arbeit zu finden oder wie Menschen den Mittelmeer kreuzen in der Hoffnung auf ein besseres Zuhause. Diese Themen sind uns auch wichtig.

Drittens aber müssen die sozialen Medien an Interaktionen in der realen Welt gekoppelt werden, indem Netzwerke aufgebaut und vertieft werden. Die Politiker sollten sich nicht scheuen die Möglichkeit zu nutzen, Gruppen wie zum Beispiel das Europäische Jugendforum, um Hilfe zu bitten: diese Gruppen können Unterstützung anbieten indem sie etwa junge Menschen mit der Arbeit der Politiker vertraut machen

Trotz all ihrer Vorteile hat die digitale Revolution auch Nachteile: Twitter etwa macht es jedem Menschen möglich, Nachrichten zu verbreiten. Dies führt dazu, dass einige Entscheidungsträger noch bevor sie die Tatsachen genau kennen auf Twitter reagieren. Zudem fördert Twitter mit seiner Einschränkung der Länge der Tweets, dass komplexe Sachverhalte in schwarz-weiß dargestellt werden. Es ist einfach, Tatsachen verzerrt darzustellen und das Aufdecken von Lügen ist schwierig, was die Glaubwürdigkeit anderer, vertrauenswürdiger Akteure untergräbt. Plattformen, die stark von Algorithmen abhängen, stellen zudem einen ausgezeichneten Nährboden für die Entstehung von Echokammern dar:sie zielen darauf ab, dass die Nutzer mehr Zeit auf ihrer Seite verbringen, und zeigen deshalb weniger Posts, die der Meinung der User widersprechen könnten. Dieser Bestätigungsfehler ist für alle gefährlich, aber insbesondere für Teenager gefährlich: Fähigkeiten, die erforderlich sind, um eine demokratische Gesellschaft zu erhalten, wie das Bewusstsein, dass es andere Meinungen gibt, die Fähigkeit, kritisch zu denken und mit anderen zu diskutieren werden geschwächt, wenn man nut keiner kritischen Meinung konfrontiert wird.

Eine Untersuchung des Pew Research Center hat gezeigt, dass 62 % der Nutzer in den USA Nachrichten über die sozialen Medien erhalten. Aus einer anderen Untersuchung geht hervor, dass 59 % der 2,8 Mio. Artikel, die in sozialen Netzwerken geteilt wurden, davor nicht gelesen worden sind. Wir müssen neu überdenken, wie wir uns unsere Gesellschaft vorstellen: Wie wichtig sind uns Qualitätsjournalismus und das Überprüfen von Nachrichten? Wie können wir kritisches Denken stimulieren und eine bessere Medienerziehung ermöglichen? Einiges ist bereits besser geworden: Auf Twitter, eine Plattform, die für freche One-liner bekannt ist, gibt es mittlerweile Twitter-Threads. Mit denen kann man seine Argumentation in mehreren aufeinanderfolgende Tweets strecken und somit die Materie tiefer behandeln. Mehr dieser Maßnahmen sind nötig, sowohl von Seiten der Plattformen als auch der User. Denn bei der politischen Kommunikation ist es höchste Zeit, dass sorgfältiger zwischen guter Kommunikation und einer vernünftigen und gut durchdachten Herangehensweise der Politiker balanciert wird.

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