Konsum weltweit: Fleisch satt

, von  Larissa Ratschkowski

Konsum weltweit: Fleisch satt
Kühe auf einem Bauernhof in Niedersachsen Foto: Pixabay / franzl34 / CC0 1.0

Seit vielen Jahren steigt der Fleischkonsum weltweit rapide an. Auch in Deutschland hat zu Weihnachten vermutlich wieder eine Menge Fleisch auf dem Teller gelegen. Warum diskutieren wir überhaupt so viel über die Frage? Ein Blick auf die Auswirkungen und Entwicklungen des weltweiten Fleischkonsums

Die Themen Ernährung, Fleischkonsum und tierische Produkte scheinen seit geraumer Zeit die Bevölkerung zu polarisieren, und das nicht ohne Grund: Denn wer einen Blick in die Statistik wagt, bemerkt schnell, welch massive Entwicklung sich im Laufe der letzten Jahrzehnte vollzogen hat. Inzwischen werden pro Kopf in Industrieländern durchschnittlich fast 100 Kilogramm Fleisch jährlich konsumiert, vor 50 Jahren lag der Wert noch bei 60 Kilogramm. Auch Entwicklungsländer, die zwar nur etwa ein Drittel dieser Fleischmenge verzehren, haben ihren Konsum in den letzten Jahrzehnten verdoppelt. Was hierbei zusätzlich hervorsticht: Industrieländer machen 15 Prozent der Weltbevölkerung aus, sind jedoch für mehr als ein Drittel des weltweiten Konsums von Fleisch und Milchprodukten verantwortlich.

Auch die Vorlieben für Fleischsorten haben sich mittlerweile geändert: Während vor einigen Jahrzehnten weltweit noch vorrangig Schweine- und Rindfleisch verzehrt wurde, liegt mittlerweile Geflügel mit deutlichem Abstand vorn, Schwein und Rind folgen danach erst an zweiter und dritter Stelle.

Gleichzeitig sind inzwischen aber auch Gegentrends zu beobachten. Südasiatische Länder wie zum Beispiel Indien bilden sozusagen das Schlusslicht in Sachen Fleischkonsum. Unabhängig vom Einkommen werden hier jährlich nur knapp 5 Kilogramm Fleisch pro Kopf verzehrt, was sich in den letzten Jahrzehnten kaum verändert hat. Und auch insgesamt ist der Fleischkonsum weltweit nur noch sehr langsam und gemäßigt gestiegen. Trotzdem warnen Forscher*innen und Mediziner*innen immer wieder vor den Folgen des weltweiten Anstiegs des Fleischkonsums.

Industrieländer: Fleischkonsument Nummer Eins

Der wohl wichtigste Grund für den Anstieg Fleischkonsum in den letzten Jahrzehnten ist die Hinwendung vieler Bevölkerungsgruppen zu tierischen Produkten. Aus verschiedenen ernährungstechnischen Gründen haben viele Menschen, besonders in Industrieländern, ihren Speiseplan stärker auf Fleisch und Milchprodukte ausgerichtet. Obwohl Fleisch vor allem in vielen Industrieländern immer günstiger wird, sind es global gesehen dennoch nach wie vor allem die einkommensstärkeren Bevölkerungsgruppen, die sich das Fleisch finanziell leisten können.

In Ländern, in denen der Konsum niedriger ist, wie zum Beispiel im südasiatischen Raum, spielen vor allem kulturelle, religiöse und wirtschaftliche Gründe eine Rolle – der Konsum von Fleisch ist hier nicht zuletzt auch eine Preisfrage. In einkommensstärkeren Industrieländern, viele davon in der EU, ist neben gesundheitlichen Aspekten besonders die absolute Übersättigung an Fleisch verantwortlich für den Rückgang. Es scheint hier kaum möglich, den Fleischkonsum noch weiter zu erhöhen; einige Bürger*innen leben mittlerweile vegetarisch oder vegan, ganz ohne Fleisch. Trotzdem wird in den kommenden Jahren noch immer ein leichter Anstieg beim Verzehr von Fleisch, besonders von Geflügel, erwartet. Somit ist trotz des sich herausbildenden Gegentrends keine große Veränderung zu erwarten.

Das Lebensmittel mit dem größten ökologischen Fußabdruck

Die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte bleiben nicht ohne Folge, denn das hohe Maß an Fleischkonsum hat massive Auswirkungen auf die Umwelt. In erster Linie hat die Viehzucht in vielen Gebieten zugunsten von Weideflächen und Futtermitteln sowohl zu Entwaldung als auch zu Überweidung geführt. Diese Formen der Landwirtschaft haben bestehende Ökosysteme ersetzt und wichtige Lebensräume für Pflanzen und Tiere zerstört. Weitere Folgen von Viehzucht sind hohe Belastung oder gar Verschmutzung des Grundwassers und der Ausstoß von Treibhausgasen – einer der Hauptgründe für die Umweltverschmutzung in vielen Industrie- und Entwicklungsländern.

Auch der erhöhte Verbrauch an Getreide als Futtermittel bringt dem erhöhten Fleischkonsum Kritik ein: Etliche Kilos werden zum Füttern der Tiere genutzt, woraus sich jedoch eine verhältnismäßig sehr viel geringe Fleischmenge ergibt. Für die Produktion einer Fleischkalorie werden 30 Getreidekalorien benötigt, allerdings verfügen eine Fleischkalorie und eine Getreidekalorie über den gleichen Energiewert. In Hinblick auf Ressourcen verbraucht die Fleischproduktion nicht nur viele Getreidekalorien, sondern auch viel Wasser: Während die Produktion von einem Kilo Reis etwa 3.000 Liter Wasser benötigt, braucht es für ein Kilo Rindfleisch 15.000 Liter Wasser.

Zuletzt hat Fleischkonsum direkte Auswirkungen auf die Bedingungen der Tiere, die dafür geschlachtet werden. Für sie ist die Zucht häufig äußerst qualvoll und nicht artgerecht – Berichte von geschredderten Küken oder ohne Betäubung kastrierten Ferkeln sind keine Seltenheit. Da viele Supermärkte Fleisch mittlerweile sehr günstig verkaufen, bessert sich diese Situation nicht. Ein teurerer Verkaufspreis, dessen Anteile zum Wohl der Tiere eingesetzt werden, könnte hier Besserung bringen.

Massig Fleisch oder doch eher Veggie?

Aktuelle Zahlen lassen den Schluss zu, dass der Fleischkonsum auch in Zukunft nicht mehr rapide in die Höhe steigen und nur noch geringfügig wachsen wird. Unterstützend wirken hierbei vor allem das mittlerweile verlangsamte Bevölkerungswachstum und vermehrte gesundheitliche Bedenken der Bevölkerung in Bezug auf den übermäßigen Verzehr von Fleisch. Nicht zuletzt auf Grund der wissenschaftlichen nachgewiesenen Auswirkungen hohen Fleischkonsums schalten sich auch Regierungen ein. So hat etwa 2016 die chinesische Regierung angekündigt, den Fleischkonsum auf 27 Kilogramm jährlich pro Kopf zu reduzieren, da mit dem Fleischkonsum die Diabeteserkrankungen im Reich der Mitte regelrecht explodiert sind. Inwiefern sich die Situation ändert und sich Trends wie vegetarische oder vegane Ernährung mit wachsenden Einkommen und mehr Fleischkonsum in Schwellenländern die Waage halten, werden die nächsten Jahre zeigen.

Gerade weil es beim Thema Fleischkonsum verschiedenste Standpunkte und Entwicklungen gibt, wird das Thema wohl noch für längere Zeit kontrovers bleiben. Trotz der vielen Möglichkeiten zur Veränderung handelt es sich hierbei letztlich um die persönliche Entscheidung eines jeden, der*die den eigenen Speiseplan, vielleicht auch als guten Vorsatz fürs neue Jahr, noch einmal kritisch hinterfragen möchte.

Mehr Informationen zum Thema Fleischkonsum bietet der jährlich erscheinende Fleischatlas der Heinrich-Böll-Stiftung: https://www.boell.de/de/fleischatlas.

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