Parlamentssuspensionen, Wahlvorbereitungen und mehr

, von  Pascal Letendre-Hanns, übersetzt von Julia Bernard

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Parlamentssuspensionen, Wahlvorbereitungen und mehr
Grafik: Anja Meunier

Unsere Kolleg*innen von „The New Federalist“, der englischsprachigen Schwesternzeitschrift von treffpunkteuropa.de, berichten von wichtigen Ereignissen, die sich in der vergangenen Woche in Europa zugetragen haben, darunter einige, die eventuell untergegangen sind. Fehlt aus eurer Sicht etwas? Hinterlasst einen Kommentar auf der Facebook-Seite von „The New Federalist“.

Weitere Überläufer innerhalb des britischen Parlaments: Großbritanniens Liberaldemokraten profitieren

Angesichts einer möglichen Parlamentswahl Ende Oktober belegen die Liberaldemokraten, die wichtigste pro-europäische Partei Großbritanniens, laut Umfragen derzeit den dritten Platz. Zudem haben sie in den letzten Wochen von einer Reihe von Überläufern von ehemaligen konservativen Tories und ehemaligen Labour-Abgeordneten profitiert. Es sind bereits sechs Abgeordnete zu den Liberaldemokraten gewechselt. Einer von ihnen ist Sam Gyimah, ein ehemaliger konservativer Abgeordneter, der für die Verlängerung des Artikel 50 votiert hatte und daraufhin von den Tories ausgeschlossen wurde. Auf dem Parteitag der Liberaldemokraten wurde er als jüngster Rekrut verkündet. Die Überläufer haben den Liberaldemokraten, die 2015 noch einen drastischen Rückgang erlebt hatte, einen Zuwachs von ursprünglich 12 auf 18 Sitze ermöglicht. Die Liberaldemokraten verkündeten im Falle einer Mehrheit Artikel 50 sofort revidieren zu wollen. Hiermit profiliert sich die Partei als klar pro-europäisch und übt insbesondere auf die Labour-Partei Druck aus.

Neuwahlen in Spanien immer wahrscheinlicher

Das letzte Mal, dass alle Spanier*innen gewählt haben, war im April. Da nun immer noch keine Regierung gebildet wurde, sieht es so aus, als könnten bald Neuwahlen anstehen. Die Mitte-Links-Partei PSOE konnte bei den letzten Wahlen zwar den ersten Platz belegen, ihr fehlten jedoch dutzende Sitze zur absoluten Mehrheit. Deshalb brauchte sie einen Koalitionspartner. Rechts von PSOE läge hierfür Ciudadanos, diese hatten aber jegliche Art der Koalition kategorisch ausgeschlossen, so dass nur noch ein Bündnis zwischen PSOE und der linksgerichteten Partei Podemos übrigblieb. Während sich die Verhandlungen eines gemeinsamen politischen Programms als einfach erwiesen, gestalteten sich die Verhandlungen über die Regierungsform besonders schwierig. PSOE bevorzugt eine Art Vertrauensregelung bei der Vergabe von Ämtern, wohingegen Podemos eine Koalition nur unter der Zusicherung hoher Ämter eingehen würde. Den Parteispitzen der beiden Parteien fehlt es also an Vertrauen und demnach scheint es derzeit unmöglich, einen mehrheitsfähigen Koalitionsvertrag, der für die Bildung einer Regierung so dringend notwendig wäre, abzuschließen. Sollte dieser Dissens bis zum 23. September nicht gelöst werden, so wird es in Spanien automatisch am 10. November zu Neuwahlen kommen.

Italien lockert Haltung gegenüber Flüchtlingsbooten

In Italien zeichnet sich ein neuer Kurs in der Migrationspolitik ab. Nach dem Regierungswechsel in Rom und dem darauffolgenden Ausschluss Matteo Salvinis und dessen Partei beschloss die neue Regierung das Rettungsschiff Ocean Viking und seine 82 Migrant*innen von der italienischen Küstenwache aufnehmen zulassen. Dieser Akt bedeutet zwar nicht, dass Italien seine Häfen nun vollständig öffnen wird, leitet aber sicherlich einen Politikwechsel in Sachen Migration ein. Man wolle einen „neuen Humanismus“, der sich klar von der Migrationspolitik der kurzlebigen Regierungskoalition, zwischen rechter Lega und Fünf-Sterne-Bewegung abhebe. Unter der Leitung von Paris, Berlin und Rom bemüht man sich außerdem, ein EU-weites System zur Verteilung der aus dem Mittelmeer geretteten Migranten und Migrantinnen auszuhandeln. Dieser Verteilungsmechanismus solle Staaten an den südlichen Toren Europas entlasten und den Rechtspopulismus bekämpfen.

Johnson suspendiert britisches Parlament

Der britische Premierminister Boris Johnson hat die Zwangspause (Vertagung) des britischen Parlaments in dieser Woche, trotz Kontroversen, fortgesetzt. Diese Maßnahme wird häufig zur Beendigung einer Parlamentssitzung eingesetzt, jedoch kritisiert die Opposition die Länge dieser Suspension. Fünf Wochen habe es in der jüngeren Geschichte nicht gegeben. Dieser Schritt scheint ein weiterer Versuch zu sein, die Gesetzesvorhaben, die einen No-Deal-Brexit am 31. Oktober verhindern könnten und jegliche weitere Gestaltung des Brexit durch das Parlament, zu unterbinden. Demgemäß ist die Empörung groß. Viele Abgeordnete der Opposition haben Johnsons Entscheidung als Angriff auf die parlamentarische Demokratie Großbritanniens verurteilt und insgesamt als klaren Übergriff von Seiten der Exekutive gewertet. Zudem wurden Gerichtsverfahren eingeleitet, um festzustellen, ob diese Zwangspause rechtmäßig war. Zu diesem Fall tagte der Oberste Gerichtshof des Landes am Dienstag.

Auch polnisches Parlament hat die Arbeit ausgesetzt

Unter etwas anderen Umständen setzt auch das polnische Parlament in dieser Woche die Arbeit aus. Etwa zwei Monate vor der nächsten Parlamentswahl am 13.Oktober hatte die Opposition des scheidenden Parlaments diesen Akt zwar bereits erwartet, jedoch bemängelt sie, dass nicht wie gewohnt die Parlamentssitzung einfach beendet wurde, sondern die Suspension der Regierung noch Handlungsspielraum lasse. Man befürchte, die Regierung könne in letzter Minute noch Gesetze verabschieden. Dies machte diesen Routineakt zu einer wahren Kontroverse. Obwohl die regierende PiS-Partei solche Vorwürfe zurückweist, betont die Opposition, dass dieses Szenario in der modernen demokratischen Geschichte Polens beispiellos ist.

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