Terror in Paris: Anschlag auf Europa

, von  Lea-Verena Meingast

Terror in Paris: Anschlag auf Europa
Solidarität mit „Charlie Hebdo“: In den sozialen Netzwerken und auf den Straßen bekunden Menschen „Je suis Charlie“ - „Ich bin Charlie“. Foto: © Olivier Stevens / Flickr (https://www.flickr.com/photos/oless/16223843352) / CC BY 2.0-Lizenz (https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/)

Der Terrorangriff auf das französische Satiremagazin „Charlie Hebdo“ ist auch ein Anschlag auf Europa, auf uns alle. Die Kundgebungen auf den Straßen Europas und die Solidaritätsbekundungen in sozialen Netzwerken zeigen aber, dass die Europäer sich nicht unterkriegen lassen – sondern zusammenrücken und für das Zusammenleben verschiedener Kulturen, Toleranz und Meinungsfreiheit kämpfen.

Zwölf Menschen getötet, mehrere verletzt

Zu den Ereignissen: Der Anschlag ereignete sich am Mittwochvormittag kurz vor 11.30 Uhr. Drei maskierte Männer drangen in die Redaktionsräume der Satirezeitung „Charlie Hebdo“ ein. Die Zeichnerin Corinne Rey alias „Coco“ sagte der Zeitung L’Humanité, sie sei vor der Tür des Gebäudes von zwei maskierten, bewaffneten Männern bedroht worden, die sie zwangen, den Code einzugeben. Die Zeichnerin konnte sich danach unter einem Schreibtisch verstecken.

Bewaffnet mit Kalaschnikows und Granatwerfern stürmten die Täter die Redaktionsräume und lieferten sich einen Schusswechsel mit den Sicherheitskräften, töteten Mitarbeiter der Redaktion, den Chefredakteur Stéphane Charbonnier inbegriffen. Auf ihrer Flucht hätten die Angreifer einen Polizisten erschossen und später einen Fußgänger überfahren. Laut Zeugen sollen die Täter gerufen haben: „Wir haben den Propheten gerächt“ und „Allah ist groß“.

Islamismuskritik in der Vergangenheit

Das Magazin war für seine Islamismuskritik weltweit bekannt. Mehrfach druckte „Charlie Hebdo“ Karikaturen des Propheten Mohammed ab und war schon in der Vergangenheit zur Zielscheibe islamistischer Angriffe geworden.

In der jüngsten Ausgabe des Satiremagazins geht es um das neue Buch „Unterwerfung“ des französischen Autors Michel Houellebecq, das sich mit dem fiktiven Szenario einer Islamisierung Frankreichs unter einem muslimischen Präsidenten beschäftigt und in Frankreich aktuell kontrovers diskutiert wird. Auf Seite sieben der jüngsten Ausgabe von „Charlie Hebdo“ heißt es in einer Karikatur „Immer noch keine Attentate in Frankreich“ – darunter sagt ein bewaffneter bärtiger Mann: „Warten Sie ab! Wir haben ja bis Ende Januar, um die Feiertagsgrüsse zu übermitteln.“ Der Witz erscheint nun wie eine makabere Vorahnung des Terrorattentats.

Karikaturisten, Wächter der Demokratie

Der Fehler, den man nun nicht machen darf: Von der Islamismuskritik darauf schließen, dass das Satiremagazin den Anschlag heraufbeschwört hätte. Chefredakteur Charbonnier sagte einmal: „Wir veröffentlichen jede Woche Karikaturen, aber von Kampfansagen und Kriegserklärungen spricht man nur, wenn es dabei um die Person des Propheten geht oder radikalen Islamismus.“ Er wehrte sich stets dagegen, Rücksicht auf religiöse Gefühle zu nehmen. „Kritik am Islam muss so banal werden wie Kritik an Juden oder Katholiken“, sagte Charbonnier.

Erst im Mai 2014 ist in Frankreich der Dokumentarfilm „Caricaturistes, Fantassins de la démocratie“ (Übersetzung: Karikaturisten, Fusssoldaten der Demokratie) erschienen. Darin werden der bekannte französische Zeichner Plantu sowie elf weitere Karikaturisten auf der ganzen Welt begleitet. Der Film zeigt: Karikaturisten sind begabte Zeichner, aber auch Wächter der Demokratie. Sie setzen mit ihrem Stift genau dort an, wo es wehtut.

Anschlag auf den Kern westlicher Gesellschaften

Das Attentat auf die Redaktion von „Charlie Hebdo“ ist nicht nur ein Angriff auf französische Karikaturisten. Es ist ein Anschlag auf den Kern der westlichen Gesellschaften: Presse- und Meinungsfreiheit, Vielfalt und Toleranz. Wichtig ist es nun, nicht mit Hass auf den Hass der Islamisten zu reagieren. Auge um Auge, Zahn um Zahn sollte nicht die Devise sein. Denn das ist das Ziel der Gegner des Westen: der Kampf der Kulturen. Stattdessen sollten wir in Europa näher zusammenrücken und uns für eine pluralistische Gesellschaft einsetzen.

Und genau das macht Europa: Überall gehen tausende Menschen auf die Straßen, um ihre Trauer zu bekunden. Und in den sozialen Netzwerken bezeugen die Menschen ihr Mitgefühl unter dem Hashtag #jesuischarlie oder #IchBinCharlie.

Der französische Präsident François Hollande findet die richtigen Worte: „Frankreich hat aus der ganzen Welt Solidarität und Mitgefühl erfahren. Wir werden Antworten finden auf diesen kriminellen Akt, der uns heute getroffen hat.“ Nichts dürfe die freie Gesellschaft spalten. Die Journalisten und Zeichner von Charlie Hebdo seien „für eine Idee gestorben, die Frankreich als solches ausmacht: die Freiheit. Sie sind heute unsere Helden“, so der Präsident.

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