Türkei: Erdogan verhängt nach Putschversuch Ausnahmezustand

, von  EurActiv mit Agenturen | EurActiv.de

Türkei: Erdogan verhängt nach Putschversuch Ausnahmezustand
Der türkische Präsident Erdogan hat den Ausnahmezustand verhängt. Die Regierung ließ in den Tagen nach dem Putschversuch Zehntausende Soldaten, Lehrer, Polizisten und Richter verhaften oder suspendieren. © World Humanitarian Summit /Flickr/ CC BY-ND 2.0-Lizenz

Recep Tayyip Erdogan hat wenige Tage nach dem versuchten Militärputsch einen dreimonatigen Ausnahmezustand verhängt. Er gibt dem türkischen Präsidenten mehr Macht.

Dieser Schritt stehe im Einklang mit der Verfassung und erlaube es, rasch und effektiv gegen die Unterstützer des Putschversuchs vom vergangenen Freitag vorzugehen, sagte Erdogan in einer live vom Fernsehen ausgestrahlten Ansprache. “Das Ziel der Ausrufung des Ausnahmezustands ist es, rasch und effektiv gegen die Gefährdung der Demokratie, der Herrschaft des Rechts und der Rechte und Freiheiten der Bürger vorgehen zu können”, sagte Erdogan.

Der am späten Mittwochabend verhängte Ausnahmezustand ermöglicht es dem Präsidenten und dem Kabinett, neue Gesetze ohne Beteiligung des Parlaments zu verhängen. Zudem können Grundrechte und Freiheiten eingeschränkt oder aufgehoben werden.

Mit Blick auf mögliche Kritik der europäischen Staaten an der Ausrufung des Ausnahmezustands erklärte der konservativ-islamische Präsident: “Europa hat kein Recht, diese Entscheidung zu kritisieren.” Die Türkei “bleibt weiterhin ein demokratisches parlamentarisches System. Wir werden uns davon niemals entfernen”, sagte Erdogan.

Im Zuge des Ausnahmezustandes wird die Türkei nach Aussagen des stellvertretenden Ministerpräsidenten die Europäische Menschenrechtskonvention vorübergehend aussetzen. Die türkische Regierung rechtfertigt ihr Vorgehen mit dem Vorbild Frankreichs, das nach den Anschlägen im November 2015 in Paris den Ausnahmezustand verhängt hatte und die Europäische Menschenrechtskonvention teilweise ausgesetzt hatte.

Unterdessen gingen die Sicherheitskräfte weiter gegen Angehörige von Armee, Universitäten, Zivilgesellschaft und Verwaltung vor. Allein in der Hauptstadt Ankara wurden am Mittwoch nach Medienberichten weitere 900 Polizisten suspendiert. Zudem wurde Akademikern verboten, das Land zu verlassen.

Erdogan macht den in den USA lebenden Kleriker Fethullah Gülen für den Putsch verantwortlich und fordert dessen Auslieferung. In einem Interview zeigte er sich aber bemüht, das Verhältnis mit den USA nicht über Gebühr zu strapazieren. Er wolle den Streit über die Auslieferung Gülens nicht mit der US-Präsenz auf dem türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik vermengen, sagte Erdogan dem Sender Al Dschasira. “Das Verhältnis zwischen Staaten beruht auf Interessen, nicht auf Gefühlen”, sagte er. Incirlik, wo auch Bundeswehr-Soldaten und Aufklärungsflugzeuge aus Deutschland stationiert sind, ist für den US-geführten Kampf gegen die Extremistenmiliz Islamischer Staat von großer Bedeutung.

Seit der Niederschlagung des Putsches befinden sich 14 Generäle in Haft. Die Regierung hat etwa 50.000 Soldaten, Polizisten, Richter und Lehrer festgenommen oder suspendiert.

Dieser Artikel erschien zuerst bei unserem Medienpartner EurActiv.de.

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